Die deutsche Bauwirtschaft kommt allmählich aus der Krise. In diesem Jahr erwartet der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) noch einen Umsatzrückgang von inflationsbereinigt vier Prozent auf 160 Milliarden Euro. Auch im nächsten Jahr werde es noch ein Minus geben, allerdings schrumpfe es auf 2,5 Prozent. Die am Freitag vorgelegte Herbstumfrage des ZDB lässt zudem auf eine etwas optimistischere Stimmung schließen.
„Es zeichnet sich eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau ab“, sagte ZDB-Präsident Wolfgang Schubert-Raab. Im Wohnungsbau fehlten weiter die Impulse, und auch der Wirtschaftshochbau schwächele noch. „Wenn man sieht, was bei Unternehmen wie Volkswagen passiert, dann ist es wenig überraschend, dass sich das auch in der Bautätigkeit niederschlägt“, so Schubert-Raab.
Der Tiefbau dagegen zeige sich deutlich robuster und werde jeweils wachsen. Investitionen in Infrastrukturprojekte – vom Schienenausbau über Stromtrassen bis zum Breitbandausbau – sorgten hier für Nachfrageimpulse. Im öffentlichen Bau rechnet der ZDB 2024 mit drei Prozent mehr Umsatz und nächstes Jahr mit einer Stagnation.
Bemerkenswert ist auch eine leicht aufgehellte Stimmung im Wohnungsbau, trotz anhaltender Auftragsflaute. Das Ifo-Institut hatte am Donnerstag von einem wachsenden Anteil an Unternehmen berichtet, die unter Auftragsmangel leiden. Für 2024 rechnet der ZDB nur mit 250.000 bis 255.000 Fertigstellungen, nach rund 294.000 im vorigen Jahr. 2025 dürften nur etwa 220.000 Wohnungen gebaut werden. Der Umsatz im Wohnungsbau wird nach ZDB-Schätzung dieses Jahr real um 14 Prozent sinken und 2025 um weitere sieben Prozent.
Und doch sinkt der Anteil der Unternehmen, die für die kommenden sechs Monate schlechtere Geschäfte erwarten – von 70 Prozent Ende 2023 auf 48 Prozent in diesem Herbst. „Die Unternehmen blicken nicht mehr tiefer ins Tal der Krise, sondern orientieren sich zunehmend entlang der Talsohle“, sagte Schubert-Raab. Die Wohnungsbau-Genehmigungszahlen seien offenbar „unten angekommen.“
Auch gebe es wieder mehr Hoffnung auf noch einmal leicht fallende Zinsen. „Für 2025 hoffen wir, dass bei den Zinsen die drei vor dem Komma verschwindet.“ Zudem erwarte man von der Bundesregierung eine stabile Neubauförderung. Hinter der Branche lägen drei Jahre der Unsicherheit, was das angehe. Nachdem die breite Neubauförderung Anfang 2022 gestoppt worden war, kam die Neubauförderung „spät, wurde dann ausgesetzt und dann modifiziert.“
Der ZDB befürworte mit Blick auf die nächste Bundesregierung auch ein stärkeres Bau-Ressort: „Das nächste Bauministerium sollte ausgebaut werden“, sagte ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa, „Neubau und Sanierung gehören in eine Hand“, so der Experte mit Blick auf das Bundeswirtschaftsministerium, das unter Robert Habeck (Grüne) für die Bestandssanierung verantwortlich ist und im Zuge dessen unter anderem das Heizungsgesetz verabschiedete.
Schubert-Raab forderte zudem die Wiedereinführung einer breiteren Neubauförderung, auch für den Effizienzhaus-55-Standard. Die Baukosten müssten weiter runter, indem auch die Standards weiter gesenkt werden.
Vor allem wegen des weiterhin schwächelnden Wohnungsbau allerdings werde die Zahl der Beschäftigten im Bauhauptgewerbe 2024 um 15.000 sinken und im nächsten Jahr um weitere 7000 auf 905.000 schrumpfen.
„Fünf Jahre reale Umsatzrückgänge schlagen sich hier nieder.“ Es ist der erste Rückgang der Beschäftigten seit 2009. Seitdem hatte die Branche vom Immobilienboom profitiert und ihre Belegschaft bis 2023 um rund 220.000 aufgestockt.
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Allerdings sei auch die demografische Entwicklung ein Minusfaktor: „Jedes Jahr gehen fünf Prozent der Mitarbeiter in den Ruhestand.“ Insofern sei der Stellenabbau „nicht so dramatisch“, da dies weitgehend über Fluktuation laufe und es nur eine „ganz kleine Zahl von Kündigungen“ gebe.
Auch die Baustoffpreise seien gesunken und wieder auf dem Vor-Kriegsniveau angekommen. „Das Tal ist erreicht, die Unternehmen erwarten nicht mehr, dass es noch schlechter wird.“
Michael Fabricius beschäftigt sich schon seit einigen Jahrzehnten mit Immobilienthemen und schreibt für WELT über alles, was Eigentümer, Mieter und Investoren interessiert. Gemeinsam mit Michael Höfling ist er für den Immobilien-Newsletter „Frage der Lage“ zuständig.