Dass die von Donald Trump (78) regierte USA bei den Verhandlungen mit Kreml-Despot Wladimir Putin (72) nichts auf die Meinung der EU geben – an diese Tatsache hat sich Brüssel gewöhnen müssen.

Gewundert haben sich Beobachter allerdings, dass Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj (47) beim lange terminierten EU-Gipfel am Donnerstag fehlte, sich stattdessen aus Norwegen per Video-Leitung zuschalten ließ. Am Ende kündigte dann Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (47) an, dass Selenskyj zu einem Treffen zur Besprechung möglicher Truppen-Unterstützung aus dem Westen am nächsten Donnerstag in Paris erwartet wird.

Nur Zufall – oder doch überdeutliches Zeichen, dass die Musik beim Thema Ukraine und Verteidigung inzwischen eher in London und Paris als in Brüssel spielt? Dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die häufig „mächtigste Frau Europas“ genannt wird, in Zukunft nur noch eine Nebenrolle auf der Weltbühne bleibt?

EU-Chefdiplomatin sucht noch ihre Rolle

Für Letzteres häufen sich die Anzeichen. Spaniens Regierungschef Pedro Sanchez (53) machte sich beim Gipfel zum Wortführer derer, die einen eigenen Ukraine-Beauftragten für die EU plus Verhandlungsteam forderten, sollten die Europäer doch noch einen Platz am Verhandlungstisch bekommen. Auf die Idee, dass das Chefsache sein könnte, dass dies die gewählte EU-Kommissionschefin oder die per Mehrheitsbeschluss ernannte EU-Chefdilplomatin Kaja Kallas (47) sein könnten, kam er offenbar nicht. Entsprechend giftig („Wozu bin ich denn hier?“) fuhr die Estin den Spanier an, berichteten Teilnehmer hinterher.

► Kallas gilt ohnehin als eine Art Verliererin der Woche. Mit ihrem offenbar unabgestimmten Plan, 40 Milliarden Euro für neue Ukraine-Militärhilfen aufzubringen, lief sie im Kreis der Mitgliedstaaten gnadenlos auf. Es ist noch nicht einmal klar, ob ihr auf 5 Milliarden für Munition abgespeckter „Plan B“ am Ende umgesetzt wird. Ein klarer Warnschuss an Brüssel, nicht über die Köpfe der Hauptstädte zu entscheiden. Und ein neuerlicher Beweis, dass gerade die Mittelmeerländer nicht bereit sind, beim Aufrüstungsmodell „koste es, was es wolle“ mitzugehen.

Von der Leyen nennt Milliardensummen, die es nicht gibt

Von der Leyen begründete die Priorität für Aufrüstung mit dem Satz: „Wenn Europa Krieg vermeiden will, muss es bereit sein für Krieg.“ Nur: Für die Finanzierung in Höhe von 800 Milliarden Euro fehlen etlichen EU-Staaten die Mittel – und neue Gemeinschaftsschulden verhindert u. a. das Nein aus Deutschland.

Zudem ist die EU für das Thema Verteidigung bislang gar nicht zuständig. Das Thema liegt bei den nationalen Regierungen. Und die verfolgen – Beispiel Frankreich und Italien – oft völlig unterschiedliche Strategien. Macron, innenpolitisch fast erledigt, inszeniert sich momentan als Europas Entschlossenheitskönig, auch wenn Frankreich bei der finanziellen Unterstützung Kiews fürchterlich geizt. Dafür ruft Macron derzeit „im Schnitt einmal am Tag“ auf Selenskyjs Handy an, zuletzt inmitten einer Journalistenrunde.

Kein Draht ins Weiße Haus?

Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni (48) hingegen versucht, einen europäischen Alleingang noch abzuwenden, indem sie ihre Gesprächskanäle zu Trump und Elon Musk offen hält. Aber auch ihr ist bislang nicht gelungen, was in normalen Zeiten das Naheliegendste der Welt wäre: Dass sich zwei enge und über Jahrzehnte treue Partner vor einer möglichen Scheidung samt Handelskrieg wenigstens zusammensetzen und versuchen, den totalen Bruch abzuwenden.

Es ist ja nicht so, dass von der Leyen nichts in der Hand hätte, um einen „Deal“ im Weißen Haus zu erreichen wie einst ihr Vorgänger Jean-Claude Juncker (70), der auch direkt mit Putin verhandelte (allerdings weniger erfolgreich).

Ob Ursula von der Leyen, immerhin Chefin von 30.000 Brüsseler Bürokraten, die Stärke dazu hat, daran scheint inzwischen selbst der mächtige Chef der Europäischen Christdemokraten, Manfred Weber (52, CSU), zu zweifeln. Bei „Lanz“ im ZDF schlug er vor, dass die Europäer doch direkt einen Präsidenten wählen, der dann außenpolitisch für die ganze Union spricht. Es gehe dabei um die Frage, ob Europa „Gesicht, Stimme, Kraft und Wirkmächtigkeit bekommt“.

Mit anderen Worten: Jemanden, dem zumindest die Trump-Regierung zuhören MUSS. Unvergessen in Brüssel: Wie Trump-Vize JD Vance (40) beim Pariser KI-Gipfel einfach durch den Haupteingang aus dem Gebäude stapfte, als Ursula von der Leyen zu ihrer Antwort auf seine aggressive Rede ansetzte.