Wolodymyr Selenskyj beklagt mangelnden Druck auf Russland

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert mehr internationalen Druck auf Russland für ein Ende des Angriffskriegs gegen sein Land. Er sehe beim russischen Präsidenten Wladimir Putin noch keine Bereitschaft, sagte Selenskyj auf RTL: „Wir haben nicht genug Druck.“ Führende Mächte setzten sich nicht genug ein, beklagte Selenskyj. „Die USA sind dabei, aber nicht zu 100 Prozent. Andere Staaten wie China oder andere Staaten des Globalen Südens halten sich zurück“, sagte er bei seinem Besuch in Berlin. 

„Wir werden einen gerechten Frieden haben, aber wahrscheinlich erst nach Putin“, sagte Selenskyj. Eine Zwischenlösung sei längst möglich: Ein Frieden, der mit einer Waffenruhe beginne und dann in weiteren Schritten zu einem dauerhaften Frieden würde, „der kann morgen beginnen“.

Für Deutschland wünscht sich Selenskyj eine führende Rolle bei den Friedensbemühungen. „Ich möchte, dass Deutschland einer der führenden Staaten ist, die am Verhandlungstisch sitzen, sowohl in der Diplomatie und als auch beim Wiederaufbau“, sagte Selenskyj und hob sein gutes Einvernehmen mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hervor.

Merz sagte, der Schlüssel zum Kriegsende liege allein in Moskau. „Wenn
Russland heute die Waffen schweigen lässt, dann ist der Krieg heute
Abend zu Ende“, sagte der Kanzler. Er gehe aber davon aus, dass Russland
weiter versuchen werde zu verzögern und militärische Geländegewinne zu
erzielen. Mit Blick auf weitere Sanktionen gegen Russland sagte der
Kanzler: „Es ist alles denkbar und möglich, was auf gesicherter
Rechtsgrundlage geschehen kann.“

Merz sieht Taurus-Lieferung weiter als Option

Der Kanzler schloss derweil nicht aus, dem angegriffenen Land doch noch Taurus-Marschflugkörper zur Verfügung zu stellen. „Natürlich ist das im Bereich des Möglichen“, sagte der CDU-Vorsitzende im ZDF- auf eine entsprechende Frage. Allerdings verwies Merz darauf, dass dafür eine mehrmonatige Ausbildung von Soldaten in der Ukraine notwendig wäre. Wenn man das System erst in einem halben oder einem Jahr liefern würde, nütze es der Ukraine heute nichts, sagte Merz.

Merz und Selenskyj hatten sich zuvor in Berlin im Kanzleramt getroffen. Der Bundeskanzler sicherte dem angegriffenen Land dabei die fortwährende Unterstützung zu, solange dies notwendig sei. Beide Länder vereinbarten eine gemeinsame Produktion weitreichender Waffen. In den ARD- sagte Merz dazu: „Die Ukraine wird Woche zu Woche besser dastehen, auch in ihrer Fähigkeit, sich selbst zu verteidigen.“ 

Selenskyj äußerte einmal mehr die Hoffnung, dass Deutschland Taurus-Marschflugkörper liefern könnte. Dies hatte er schon vor zwei Jahren bei der damaligen Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beantragt. Scholz wollte die Waffe mit rund 500 Kilometern Reichweite aber nicht liefern, weil er befürchtete, dass Deutschland dadurch in den Krieg hineingezogen werde.

Weitere Verhandlungsrunde in Istanbul geplant

Vertreter Russlands und der Ukraine wollen voraussichtlich am Montag erneut zu direkten Gesprächen in der Türkei zusammenkommen. „Die russische Seite hat noch mindestens vier Tage Zeit, um uns ihr Dokument zur Prüfung vorzulegen, bevor sie nach Istanbul reist“, schrieb der ukrainische Verhandlungsführer und Verteidigungsminister Rustem Umerow auf X. 

Zuvor hatte Russlands Außenminister Sergej Lawrow mitgeteilt, die russische Regierung schlage ein erneutes Treffen in Istanbul am Montag vor. Dabei wolle Russland der Ukraine ein Memorandum vorlegen. Die Delegation solle erneut vom Präsidentenberater Wladimir Medinski geleitet werden. Lawrow habe dies auch US-Außenminister Marco Rubio in einem Telefonat mitgeteilt. Die USA bestätigten das Gespräch. 

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