Es ist ein Umfrage-Schock, der die Union ins Mark trifft: Erstmals ist die AfD mit CDU/CSU gleichgezogen – beide Parteien liegen im INSA-Sonntagstrend bei 24 Prozent. Ein Debakel für CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Seine Union stand am 2. März noch bei 30 Prozent, verlor in nur fünf Wochen jeden fünften Wähler.
In der Union brodelt es. Hinter vorgehaltener Hand wird Merz für den Umfrage-Absturz verantwortlich gemacht. Er war es, der eine historische Schuldenwende im Bundestag hinlegte – und dabei seine Wahlkampfansagen über den Haufen warf.
Auch konnte die Union bislang in den laufenden Koalitionsverhandlungen mit der SPD keine Durchbrüche bei den zentralen Themen erzielen. Die SPD-Verhandler blockieren die Zurückweisung von Flüchtlingen ohne explizite Zustimmung der Nachbarländer. Bei den Finanzen pocht die SPD auf Steuererhöhungen für Reiche, eine Rentengarantie und 15 Euro Mindestlohn, die von der Union versprochene Unternehmenssteuer-Senkung ist in der Schwebe.
Und die AfD erhöht den Druck auf Merz. Parteichefin Alice Weidel jubelt über den Umfrage-Gleichstand: „An der AfD führt kein Weg mehr vorbei!“
Auch Merz‘ persönliche Werte brechen ein. Im „Deutschlandtrend“ der ARD geben 70 Prozent der Befragten an, mit seiner Arbeit nicht zufrieden zu sein.
Selbst in der eigenen Partei bricht die Unzufriedenheit über Merz nach außen. In Mecklenburg-Vorpommern trat ein großer Teil des CDU-Stadtverbands Kühlungsborn aus Protest an Merz aus. Und bei der Jungen Union (JU) sammelt der Nachwuchspolitiker Oliver Häusler (21) Unterschriften für eine Mitgliederbefragung über den Koalitionsvertrag, um ihn bei zu viel SPD-Inhalt ablehnen zu können. Die JU Köln schickt einen Brandbrief an Merz, in dem sie einen harten Kurs gegenüber der SPD fordert.
Ex-CDU-Ministerpräsident und Verfassungsrichter Peter Müller (69) rechnet in der „SZ“ mit den Merz-Kehrtwenden ab: „Viele fühlen sich getäuscht und – zu Recht – durch nachträgliches Schönreden auf den Arm genommen.“
Auch aus der Wirtschaft wächst die Kritik. Die Verbände fordern die Umsetzung der angekündigten Wirtschaftswende. Der Chef des Verbands Gesamtmetall, Oliver Zander (56), nimmt Merz und SPD-Chef Lars Klingbeil (47) in die Pflicht („Müssen Kurve kriegen“).
Und Merz? Ist auf Tauchstation. Sein letzter öffentlicher Auftritt liegt mehr als eine Woche zurück – am 28. März gab er neben Klingbeil und CSU-Chef Markus Söder (58) ein knappes Statement zum Beginn der Chefverhandlungen.
Viele in der CDU fragen sich, ob Merz überhaupt eine Strategie für das Ringen mit der SPD und eine schwarz-rote Regierung hat.
Doch: Das Schweigen des Parteichefs ist genau überlegt. Aus seinem Umfeld heißt es: „Die anhaltende Kritik nimmt Merz ernst. Aber er zieht seinen Kurs jetzt durch.“
Und der sieht so aus: „Das Produkt kann erst verkauft werden, wenn es fertig ist“, so Merz-Vertraute. Die Präsentation des Koalitionsvertrags und die Herausstellung der Punkte, bei denen sich die Union durchgesetzt habe, seien minutiös vorbereitet. Die Vorstellung würde der designierte Kanzler Merz übernehmen. Das habe Gewicht und soll die schlechten Umfragen wieder drehen.
Reicht diese Merz-Strategie? CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ist alarmiert, sagt zu BILD: „Die Umfragewerte sind bitter.“