Rückkehr zu russischem Pipeline-Gas?
Christof Günther, Geschäftsführer des Chemieparks Leuna in Sachsen-Anhalt, fordert, dass Deutschland wieder Gas über Pipelines aus Russland beziehen sollte. In Interviews mit der „Mitteldeutschen Zeitung“ kritisiert er die aktuelle Situation als „unplausibel“, da weiter Erdgas aus Russland importiert wird und nur die Leitungen außer Betrieb sind.
„Natürlich“, antwortet Günther auf die Frage, ob er wolle, dass russisches Erdgas wieder über Leitungen nach Deutschland ströme.
Stilllegung der Leitungen kostet 30 Milliarden Euro
▶︎ Günther betont, die Finanzierung der russischen Kriegsführung lasse niemanden kalt, verweist jedoch darauf, dass russisches Erdgas keineswegs völlig boykottiert wird, sondern lediglich teurer eingekauft wird als Leitungs-Gas.
Er schätzt, dass zurzeit etwa zehn Prozent des in Deutschland verkauften Erdgases aus Russland stammen und die Nichtverfügbarkeit von Pipeline-Gas zusätzliche Kosten von 30 Milliarden Euro jährlich verursache. Gas koste derzeit mehr als doppelt so viel wie im langjährigen Mittel. Da lag der Preis für eine Megawattstunde um 20 Euro.
Für den Chemiepark-Chef ist klar: „Die Energiekrise hat politische Ursachen. Es ist kein Naturgesetz, dass Deutschland die höchsten Energiepreise in Europa hat.“
▶︎ Der Verband der Chemischen Industrie e.V. widerspricht. „Wir sollten nicht in alte – vermeintlich bequeme – Lösungen zurückfallen und in Zukunft übermäßige Abhängigkeit von einzelnen Ländern vermeiden“, so ein Sprecher zu BILD. Der Verband sieht nicht nur den Verzicht auf russisches Pipeline-Gas als Preistreiber.
Deutsche Nebenkosten treiben Preise in die Höhe
„Die deutschen Gasnebenkosten sind Zusatzgewichte im innereuropäischen Wettbewerb“, so der Verbandssprecher. Die Netzentgelte seien höher als in Nachbarländern. Die Gasspeicherumlage habe sich vervierfacht.
▶︎ Carsten Franzke von der SKW Stickstoffwerke Piesteritz GmbH unterstützt diese Ansicht und plädiert aber dafür, auch andere russische Produkte wie Düngemittel vom Markt zu nehmen. Franzke zu BILD: „Daher wäre es nur konsequent, auch andere russische Gasprodukte wie Düngemittel nicht mehr auf den deutschen Markt zu lassen“.
Weil Putin den europäischen Markt mit Billig-Dünger flutet, legte SKW im Januar eine von zwei Anlagen vorübergehend still. In einer Nachkriegszeit möchte allerdings auch Franzke zu „normalen Wirtschaftsbeziehungen zurückkehren. Dies schließt natürlich auch Gaslieferungen aus Russland ein“.