War Corona ein Labor-Unfall? Das galt lange als reine Verschwörungstheorie. Nun wurde öffentlich: Der Bundesnachrichtendienst (BND) hält für sehr wahrscheinlich, dass das Corona-Virus tatsächlich aus einem Labor in Wuhan stammte. Das berichten nun „Zeit“ und „Süddeutsche Zeitung“.

Es ist eine These, die Politiker, Experten und auch Medien über Jahre bekämpften.

▶︎ Virologe Christian Drosten (52, Charité) unterzeichnete schon im Februar 2020 ein Statement internationaler Forscher im Fachmagazin „The Lancet“, das besagte: „Gemeinsam verurteilen wir auf das Schärfste Verschwörungstheorien, die behaupten, dass Covid-19 keinen natürlichen Ursprung hat.“

Im Juni 2020 sagte Drosten zu BILD, es gebe nach seiner Kenntnis „keine belastbaren Informationen, die auf einen nicht-natürlichen Ursprung von COVID-19 schließen lassen“. Im Schweizer Onlinemagazin „Die Republik“ nannte er die „Idee eines Forschungs­unfalls“ „ausgesprochen unwahrscheinlich“.

Die WELT zitierte im Dezember 2022 aus einer E-Mail von Drosten an Kollegen. Demnach schrieb er am 8. Februar 2020: „Hatten wir uns nicht getroffen, um eine gewisse Theorie auf den Prüfstand zu stellen und im Falle einer Entkräftung nicht weiterzuverfolgen?“

Bemerkenswert: Ausgerechnet Drosten untersucht jetzt mit einigen anderen Wissenschaftlern die BND-Erkenntnisse über den Ursprung des Virus.

Lauterbach sah Labor-Theorie als „Ablenkungsmanöver“

▶︎ Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach tat den Labor-Ursprung ab, sagte im Mai 2020, diese Erklärung sei „sehr unwahrscheinlich“. Mehr noch: „Da sehe ich eher ein Ablenkungsmanöver von Trumps internen Schwierigkeiten.“

Als die WHO die Labor-Theorie 2021 prüfen wollte, zeigte sich Lauterbach „sehr überrascht“ und erklärte: „Bislang hatte es sehr plausible und klare Nachweise dafür gegeben, dass es sich um einen natürlichen Übertritt von Tieren auf Menschen gehandelt hatte.“

Umgehend warnte Lauterbach vor „Spekulationen“, um „dem schwelenden Konflikt mit China entgegenzuwirken“.

Öffentlich-rechtliche Medien

▶︎ Der Faktenfinder der „Tagesschau“ (ARD) sah am 19. Februar 2021 „kaum Belege für Labortheorie“. „ZDFheute“ twitterte (26. März 2020) entschieden: „Wurde das Virus in einem Labor gezüchtet? Klares Nein!“ „Zahlreiche Forscher“ hätten erklärt, der Ursprung liege „nicht im Labor“.

▶︎ Auf der heute-Website ist der entsprechende Beitrag nicht mehr abrufbar. Dort hieß es, an der Labor-Theorie sei „nichts dran“.

▶︎ Das ZDF widmete der Frage „Corona aus dem Labor?“ im April 2021 eine ganze Doku, fragte: „Wie konnte sich die Labor-Theorie so stark verbreiten?“ Darin: Prof. Michael Butter, Experte für Verschwörungstheorien. Butter sprach davon, es werde „ganz oft in ganz typisch verschwörungstheoretischer Manier argumentiert“, um „zu belegen, dass das ganz offensichtlich so sein muss, dass das Virus im Labor geschaffen wurde“. „Verschwörungen“ würden „keine Grenzen“ kennen, heißt es im Beitrag. Immerhin: Die Labor-Theorie bleibe „eine Möglichkeit“.

▶︎ Der US-Nachrichtensender CNN schrieb am 13. April 2020: „Fast 30 Prozent in den USA glauben eine Coronavirus-Theorie, die fast sicher nicht wahr ist“ („Nearly 30% in the US believe a coronavirus theory that’s almost certainly not true“). Gemeint: die Labor-Theorie.

Facebook verbarg millionenfach Posts

▶︎ Facebook verbarg nach Gesprächen mit der Weltgesundheitsorganisation WHO gar millionenfach Posts zur Labor-Theorie, drohte mit der Sperrung von Accounts. Das Stück „Don’t Buy China’s Story: The Coronavirus May Have Leaked from a Lab.“ („Glaubt nicht Chinas Erzählung: Das Corona-Virus könnte aus einem Labor stammen“, 22. Februar 2020) der „New York Post“ erklärte Facebook gar zur „Falschinformation“, entfernte es.

Am 26. Mai 2021 die Kehrtwende. Die Behauptung, Covid-19 sei „menschengemacht“ oder „hergestellt“, werde nicht länger von Facebook und Instagram entfernt, teilte der Mutterkonzern „Meta“ mit.