Was mich an der Debatte der vergangenen Tage wahnsinnig aufregt: Es geht nur noch darum, wer welche Anträge im Bundestag stellen darf und ob die Brandmauer bröckelt.

Für mich darf es nach Solingen, Mannheim, Magdeburg und Aschaffenburg nur noch um die Opfer der durchgeknallten Messerstecher, das Leid der Familien und Freunde gehen. Für sie kann es keinen wirklichen Trost geben. Aber sie haben einen Anspruch darauf, dass sich endlich, endlich wirklich etwas ändert. Auch für alle anderen rechtschaffenen Menschen in Deutschland!

Und deswegen finde ich gut, dass Friedrich Merz im Bundestag den Augenblick der Wahrheit erzwingen will: Wer ist zu einer Wende in der Migrations- und Asylpolitik bereit und wer ist es nicht? Da es nach dem Scheitern der Ampel im Bundestag keine festen Mehrheiten mehr gibt, könnte eigentlich jede und jeder Abgeordnete ausnahmsweise wirklich nur seinem Gewissen folgen. Es wäre damit auch ein Augenblick der Demokratie im besten Sinn. Aber so wird es wohl nicht kommen.

Die Erfolge der Populisten können einem Angst machen. Doch dass die AfD kommende Woche für Anträge der Union stimmen könnte, beunruhigt mich kein bisschen. Wer sich davon ins Bockshorn jagen lässt, macht sich ganz klein.

Viel schlimmer wäre, wenn wirklich nur die AfD für den Merz-Antrag stimmen würde. Die Stimmen reichen nämlich nicht. Damit sich in Deutschland etwas ändert, braucht es die Unterstützung aus den Reihen von SPD, Grünen und der FDP – und die Union müsste wirklich komplett geschlossen hinter ihrem Kanzlerkandidaten stehen.

Doch so wird es aller Voraussicht nach nicht kommen. Und das wäre in Wahrheit das Allerschlimmste: Erst großes Geschrei und dann passiert wieder – NICHTS. Das wäre Wahlkampfhilfe pur für die AfD, und ihre Kanzlerkandidatin Alice Weidel könnte den Champagner schon mal kalt stellen. Nichts hat die Rechtspopulisten größer gemacht als die Handlungsunfähigkeit der etablierten Parteien beim Thema Migration. 

Ich frage mich: Warum verabreden sich Olaf Scholz und Robert Habeck nicht mit Friedrich Merz und Markus Söder am Montag zu einem Gipfel, um eine Migrationswende zu beschließen, die den Opfern und allen Bürgern die Gewissheit gäbe, dass sich nach der Wahl etwas ändert – egal, wer dann mit wem regiert. Das würde der AfD den Wind aus den Segeln nehmen. Ich hoffe immer noch darauf, aber ich glaube nach den Wahlkampf-Spielchen der letzten Stunden nicht daran. Es ist zum Verzweifeln!