Das russische Außenministerium droht Deutschland für den Fall der Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine. Jeder Angriff mit den Marschflugkörpern auf russische Ziele bedeute eine „direkte Beteiligung“ Deutschlands am Krieg, teilte das Ministerium mit.
Hintergrund ist die in Deutschland wieder aufkeimende Debatte über eine mögliche Lieferung der effektiven Taurus-Marschflugkörper. Am vergangenen Sonntag hatte der voraussichtlich neue Bundeskanzler Friedrich Merz (69, CDU) die Lieferung von Taurus an die Ukraine in Abstimmung mit europäischen Partnern in Aussicht gestellt.
Die Kreml-Sprecherin Maria Sacharowa betonte gegenüber russischen Nachrichtenagenturen: „Ein Schlag mit diesen Raketen gegen russische Einrichtungen (…) wird wie eine direkte Beteiligung Deutschlands an den Kampfhandlungen an der Seite des Regimes in Kiew aufgefasst, mit allen Konsequenzen, die das mit sich bringt.“
Russische „Reflexkontrolle“
Die jüngste Drohung Moskaus, wonach jeder Taurus-Angriff auf russische Ziele eine „direkte Beteiligung“ Deutschlands bedeute, reiht sich nahtlos in ein bekanntes Muster ein: die sogenannte Reflexkontrolle.
► Dabei handelt es sich um eine Strategie des Kremls, mit der durch gezielte Drohungen und Desinformation politische Diskussionen im Westen beeinflusst und die Bevölkerung verunsichert werden sollen.
Immer wenn in Deutschland über Waffenlieferungen an die Ukraine diskutiert wird – wie aktuell über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern – reagiert Moskau mit scharfen Warnungen. Diese sollen die Debatte in Deutschland beeinflussen und Ängste vor einer Eskalation schüren.
Ein Beispiel hierfür ist die Veröffentlichung eines abgehörten Gesprächs deutscher Luftwaffen-Offiziere durch russische Medien, in dem Einsatzszenarien für den Taurus diskutiert wurden. Russland nutzte diesen Mitschnitt, um Deutschland eine direkte Kriegsbeteiligung zu unterstellen und die öffentliche Meinung zu beeinflussen.
Aktuell spielt auch der 9. Mai, der in Russland als „Tag des Sieges“ über Nazi-Deutschland gefeiert wird, in diesem Kontext eine besondere Rolle. Präsident Wladimir Putin hat diesen Tag zu einem zentralen Element seiner Propaganda gemacht, indem er den aktuellen Krieg gegen die Ukraine mit dem historischen Kampf gegen den Nationalsozialismus gleichsetzt.
Experten warnen, dass Putin den 9. Mai nutzen könnte, um eine weitere Eskalation im Ukraine-Krieg zu verkünden oder die Mobilisierung der russischen Bevölkerung voranzutreiben. Solche Ankündigungen könnten auch als Reaktion auf westliche Waffenlieferungen interpretiert werden, um den Eindruck zu erwecken, Russland verteidige sich gegen eine Bedrohung durch die Nato.