In Washington D.C. herrscht nach der Wahl von Donald Trump (78) größtenteils Katerstimmung. Rund 92 Prozent der Wähler gaben hier Kamala Harris (60) ihre Stimme. Hinter ein paar Fenstern hängen noch „Harris – Walz“-Plakate, aber der Aufruhr, den Trump-Anhänger nach der verlorenen Wahl von 2020 veranstalteten, bleibt aus.

Ein Spaziergänger sagt am Donnerstagmorgen zu BILD: „Ich glaube, die Leute übertreiben auf beiden Seiten. Wir sind alle Menschen, wir werden das schon überstehen.“

Emily (30), die ihren Hund Navy spazieren führt, sieht das anders. Sie arbeitet im Gesundheitssystem, kümmert sich darum, dass Schwangerschaften sicherer werden. „Trump ist hier 100 Prozent unwillkommen“, sagt sie. „Ich bin enttäuscht von meinen Landsleuten, die Hass in ihrem Herzen tragen und ihm ihre Stimme gaben.“

Emily will jetzt keine Kinder mehr

Sie sagt, sie habe nun entschieden, keine Kinder in die Welt zu setzen. Zum einen wegen der Abtreibungsgesetze, die sie im Fall von Komplikationen in der Schwangerschaft gefährden würden, zum anderen, weil sie nicht wisse, was für eine Zukunft Amerika bevorstehe.

„Wenn Kinder einmal da sind, kann man die ja nicht wieder wegschicken“, sagt sie.

Zur Wahrheit gehört auch: Viele Linke gaben Kamala Harris nicht ihre Stimme, da sie ihnen auf der Suche nach Republikaner-Stimmen zu weit nach rechts gerutscht war. Jetzt haben diese Enthalter Donald Trump mit zum Sieg verholfen.

„Ich bin etwas nervös“

Rechtsanwalt Jonathan (33) meint, er sei enttäuscht, aber nicht überrascht. Anders als 2016 sei ein möglicher Trump-Sieg dieses Mal allen klar gewesen. „Ich bin etwas nervös“, sagt Jonathan. „Theoretisch müsste man ihn wieder abwählen können, aber wir wissen nicht, was seine Pläne sind, um das möglicherweise zu ändern.“

Buchhalterin Heather (48) lebt seit 2000 in D.C. hat verschiedene Administrationen kommen und gehen sehen. „Wir werden hier nun viel mehr hochhackige Schuhe und aufwendige Frisuren sehen, so wie er seine Frauen mag“, sagt sie.

Sie glaubt, dass sich der Charakter des Landes ändern wird: „Er macht mit seinem respektlosen Verhalten vor, dass man so Erfolg haben, sogar Präsident werden kann. Das werden viele Leute nachmachen.“

Illegaler Latino hat Angst

Elektriker Alberto (26) kam vor acht Jahren mit seiner Frau und seinem Kind aus El Salvador nach Amerika, illegal über die mexikanische Grenze wie seitdem viele Millionen. Trump gewann auch, weil viele Staatsbürger Angst vor dieser massenhaften Einwanderung haben. Trump kündigte Massen-Deportationen an. Was sagt Alberto dazu?

„Ich habe Angst, denn ich weiß nicht, was er davon umsetzen wird“, sagt er auf mit Spanisch gemixtem Englisch. „Wir alle arbeiten hart. Ich frage mich: Wer soll dann diese ganze Arbeit machen, wenn wir weg sind?“ Tatsächlich: Fast alle einfacheren Arbeiter in der Stadt, Gärtner, Bauarbeiter, Putzkräfte, sind Latinos.

„Er ist ein schrecklicher Mensch“

Werber Joe (57) sagt, was viele Demokraten über Donald Trump denken: „Er ist ein schrecklicher Mensch, wie er mit Frauen und Minderheiten umgeht, ekelhaft.“ Dass dieser Mann jetzt bald wieder über das mächtigste Militär der Menschheitsgeschichte kontrolliere, mache ihm Sorgen.

„Dieses Mal wird ihn keiner stoppen. Er hat Schmeichler um sich gesammelt, die alles abnicken, was er will. Er hat auch den Senat in der Tasche und womöglich das Repräsentanten-Haus.“

„Ich mag Donald Trump“

Ein SUV fährt durch die Stadt, pumpt laut einen Rapsong mit den Worten „Fu*k Donald Trump“. Doch mehr als 50 Prozent der Amerikaner haben Trump trotz allem gewählt.

Der afroamerikanische Feuerwehrwehrmann Abassi (42) kann das sehr gut verstehen. Für ihn ist Donald Trump der beste Präsident, den die USA jemals hatten.

„Ich hasse dieses Land, das uns Nachkommen von Sklaven Reparationen schuldet, wir haben das Weiße Haus und das Kapitol gebaut“, sagt er. Dann wird es schwulenfeindlich: „Aber ich mag Donald Trump. Dass er diese schwule Politik etwas eingrenzt, sich für Heteros einsetzt.“ Im zentralen Viertel beim Dupont Circle, wo Abassi gerade entlangläuft, hängen viele Regenbogenflaggen, das stört ihn.

Dann wird es auch frauenfeindlich: Amerika wolle keine Frau als Präsidentin, Frauen seien zu schwach dafür, meint Abassi. „Ich sage nicht, dass Donald Trump nicht Rassist ist, Rassisten sind sie alle! Aber er ist so gut, wie es eben geht.“