Mitten im Wahlkampf schaut die deutsche Politik nach Österreich. Dort steht die Rechtsaußen-Partei FPÖ an der Schwelle zum Kanzleramt, verhandelt über ein Bündnis mit der konservativen ÖVP.
Droht das auch in Deutschland? Die AfD steht in den Umfragen bei rund 20 Prozent, Tendenz steigend.
Was müssen unsere Parteien aus Österreich lernen?
▶︎ Die erste Reaktion: heftiger Streit. Die CSU fordert eine neue Bundesregierung ohne die Grünen. „In Österreich sieht man, was passiert, wenn Grüne in der Regierung mit ihrer Realitätsverweigerung die Gesellschaft immer weiter polarisieren. Das stärkt die radikalen Parteien“, sagt CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt (54) zu BILD.
Die Grünen schießen dagegen, Kanzlerkandidat Robert Habeck (55) spricht von „dummen Sprüchen“ aus Bayern, warnte davor, den Rechten hinterherzulaufen.
„Protestparteien werden stark, wo die Regierungen die großen Probleme nicht lösen“
Politik-Experten sehen die Ursache für den Aufstieg von AfD, FPÖ und Co. vor allem im Versagen und Dauerstreit der jeweiligen Regierungen.
„Protestparteien werden überall dort stark, wo die Regierungen die großen Probleme nicht lösen“, sagt INSA-Chef Hermann Binkert. Die Themen, die die Parteien angehen müssen: Wirtschaft, Migration und Sicherheit.
Zustimmend sagt Politik-Experte Hans Vorländer (70, TU Dresden): „Statt immer wieder die Frage nach dem Umgang mit der AfD zu beklagen, sollten sich die Parteien der Mitte lieber auf die inhaltlichen Probleme und Herausforderungen des Landes konzentrieren. Und den Menschen dafür Lösungen anbieten.“
Dann erledige sich die Frage, wie man mit der AfD umgeht, automatisch.
▶︎ Die österreichische Politik-Expertin Kathrin Stainer-Hämmerle (55, Fachhochschule Kärnten) warnt außerdem vor Dauer-Gezanke der Parteien und gegenseitigen Schuldzuweisungen: „Wenn das Vertrauen in die Parteien sinkt, sinkt es auch in die Demokratie. Am Ende profitieren dabei nur populistische Anti-Establishment-Parteien.“
Miersch: „Demokratische Parteien dürfen niemals Steigbügelhalter für Rechtsextreme werden“
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch warnt gegenüber BILD: „Österreich zeigt: Wenn konservative Parteien die Brandmauer nach rechts einreißen, ist das eine Gefahr für unsere Demokratie. Demokraten müssen kompromissbereit bleiben, den Menschen zuhören und ihre Sorgen um ihren Arbeitsplatz, das immer teurere Leben und sichere Renten ernst nehmen. Aber demokratische Parteien dürfen niemals Steigbügelhalter für Rechtsextreme werden.“
Und auch CSU-Landesgruppenchef Dobrindt macht klar: „Rechtsaußen-Parteien haben immer schon das Ziel gehabt, die bürgerlichen Parteien zu bekämpfen und zu zerstören. Daran hat sich bis heute nichts geändert.“ Deswegen müsse man „maximalen Abstand halten und diese Parteien von der Verantwortung fernhalten“.
Gleichzeitig müsse man „alles daran setzen, dass sie wieder verschwinden“, so Dobrindt. „Das geht nur, wenn man die politischen Probleme löst, aus denen die AfD ihr Gift zieht.“