Es gilt als offenes Geheimnis: Robert Habeck (55, Grüne) will als grüner Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl 2025 ziehen.
Im „Politico“-Podcast sagte er im August: „Ich möchte mich gerne in die Verantwortung nehmen lassen – für Deutschland, für meine Partei, für das Projekt, für die Demokratie.“ Außenministerin Annalena Baerbock (43, Grüne) hatte zuvor ihren Verzicht erklärt.
Der Weg damit frei für Habeck! Eigentlich.
Denn nun platzt der überraschende Rückzug des Parteivorstands dazwischen. Die Partei-Co-Chefs Omid Nouripour (49) und Ricarda Lang (30) erklärten heute Vormittag: Der Parteivorstand tritt zurück! Die Partei befinde sich in „der tiefsten Krise seit einer Dekade“, so Nouripour.
▶︎ Was bedeutet das für die eigentlich ausgemachte Habeck-Kanzlerkandidatur?
Umgehend nach dem Grünen-Paukenschlag äußerte er sich zur K-Frage. „Ich möchte auf dem Parteitag eine offene Debatte zu einer möglichen Kandidatur und ein ehrliches Votum in geheimer Wahl“, so der Vizekanzler.
Heißt: Beim Grünen-Parteitag (Mitte November) ist die Kanzlerkandidatur offen, Habeck stellt sich notfalls auch einer (sehr unwahrscheinlichen) Kampfabstimmung. Dort wird ohnehin die Partei-Führung komplett umgekrempelt – und ein neuer Parteivorstand bestimmt. Der Parteitag sei der Ort, „wo sich die Grünen neu sortieren und neu aufstellen werden, um dann mit neuer Kraft die Aufholjagd zur Bundestagswahl zu beginnen“, so Habeck.
Die ist dringend nötig: Die Grünen stehen bei 9,5 Prozent, laut INSA sind sie damit erstmals seit 7 Jahren wieder einstellig. Die Kanzlerkandidatur dürfte zur Lachnummer verkommen, wenn Habecks Partei nicht rasch und rasant in den Umfragen zulegt.
Über das Aus für Lang und Nouripour dürfte Habeck nicht allzu traurig sein. Vor allem Lang zog mit unglücklichen Talkshow-Auftritten viel Kritik an, hätte in seinem Wahlkampf eine zusätzliche Belastung sein können.
Ob die Grünen-Delegierten Habeck als Kanzlerkandidaten einfach abnicken?
Fest steht: Die Partei steckt in einem historischen Umfrage-Tief, hat so wenige Stimmen wie seit sieben Jahren nicht mehr. Zuvor hagelte es Wahl-Klatschen (z.B. Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen, Europawahl). Jetzt zeigt der Rücktritt des Parteivorstands: Es brodelt innerhalb der Partei.
Keine guten Voraussetzungen Habeck und seine mögliche Kanzlerkandidaten-Kür. Seine Hoffnung ist, dass seine Staatssekretärin Franziska Brantner (45) die Wunder-Wende schafft. Sie wird als Nachfolgerin für die Parteispitze gehandelt, soll Habecks Wahlkampf managen.
Söder fordert Habeck-Rücktritt
CSU-Chef Markus Söder fordert derweil sowohl Habecks als auch Baerbocks Rücktritt als Minister. Zudem sei eine Neuwahl „fällig“, denn die Bundesregierung habe „keinen Saft“ mehr. Habeck selbst als „zentrales Gesicht“ der Grünen sei „gescheitert“ und trage Verantwortung „für den wirtschaftlichen Niedergang“. Der Grünen-Vorstand sei ein „Bauernopfer“, sein Rücktritt „erzwungen“, sagte der bayerische Ministerpräsident am Mittwoch vor Journalisten in Berlin.