Elvis lebt nicht mehr, aber im Kultursaal in Wals-Siezenheim ist das gerade allen herzlich egal. Die Sepp-Forcher-Halle ist ausverkauft, 300 Zuschauer toben, als die letzten Töne von verklingen. Vor allem die Frauen im Publikum, allesamt in ihren Fünfzigern und Sechzigern, werfen begeistert ihre Hände in die Luft. Sie kreischen, klatschen und jubeln dem Mann zu, der oben auf der Bühne steht: Rudolf Stumbecker, 55 Jahre alt, Schmalzfrisur, blau getönte Sonnenbrille und Glitzeranzug. Künstlername: Rusty. Geboren im kleinen St. Michael im Lungau, später in die USA gezogen, um dem „King“ nachzueifern.
In der 3.800-Einwohner-Gemeinde hielten ihn damals, zu Beginn der 1990er-Jahre, noch viele für verrückt, als er seine Marke als „Rusty“ anmeldete – und nach Amerika verschwand. Heute gehört er zu den erfolgreichsten Elvis-Imitatoren der Welt, tritt in Las Vegas auf, in Dubai, in Tokio.
Der echte „King“ starb 1977, vor fast einem halben Jahrhundert. Heuer wäre er 90 Jahre alt geworden. Fans hat er noch immer, deshalb boomt das Geschäft mit den Imitatoren. Rund 2.000 halb- und vollprofessionelle „Elvis Tribute Artists“ soll es weltweit geben. Rudolf Stumbecker ist, wenn man so will, Österreichs Stellvertreter Elvis’ auf Erden – und der Beweis, dass der Hype um den „King“ noch immer lebt. Auch in Wals-Siezenheim.
Vor seinem Auftritt sitzt Stumbecker in der Umkleidekabine. Er trägt einen schwarzen, vergleichsweise unauffälligen Anzug, aber seine Haare sind schon zur Schmalztolle geformt, die Koteletten gestriegelt. Vor ihm liegt ein mit „Rusty“ besticktes Handtuch, am Handgelenk glänzt ein goldenes Armband mit seinem Künstlernamen. „Meine Haare und Koteletten sind echt“, sagt er stolz. Keine Perücke, nichts geklebt, das sei selten in der Branche. Aber: „Alles gefärbt“, setzt er nach. „Ich wäre sonst schon komplett grau.“ Optisch erinnert Rusty nicht so sehr an den frühen, schlanken Elvis der 1950er-Jahre, eher an die späte Vegas-Zeit.
Die Kostüme, erzählt Stumbecker, stammten allesamt von Gene Doucette, einem persönlichen Schneider des „King“, der im vergangenen Jahr gestorben ist. Für niemanden sonst habe dieser solche Outfits geschneidert, sagt er. „Außer für Elvis.“ Und warum? „Er sagte, ich sei die Stimme des King.“
Es ist etwas, was man schnell über Rusty lernt: Er trägt gern dick auf, nicht nur auf der Bühne. Einmal, sagt er, habe ihm Elvis’ Ex-Frau Priscilla Presley zu seiner Performance gratuliert – und geschwärmt, er habe „dieselben blauen Augen wie Elvis“. Er sitzt am Tisch, dreht an seinem Goldring, stimmt immer wieder ein Lied an, wirft mit Promi-Namen um sich und erzählt, dass er auch oft auf der Straße von Unbekannten als „Elvis“ angesprochen werde. Ist das noch Rudolf Stumbecker? Oder schon Teil der Inszenierung? So ganz sicher kann man sich nie sein. Aber es ist die wohl härteste Währung im Doppelgänger-Business: glaubhaft zu machen, seinem Idol ähnlich zu sein.
Als Rusty später die Bühne betritt, ist er ganz in seiner Rolle. Die Musik kommt vom Band, aber Stumbecker singt live. , ’ Die Frauen in der ersten Reihe strecken die Hände nach ihm aus, greifen nach seinen goldbesetzten Glockenhosen, berühren ihn am Gürtel. Bei geht Rusty durchs Publikum – und küsst etwa ein Dutzend Frauen auf die Wange. Eine von ihnen kichert wie ein Schulmädchen, sie ist bestimmt schon über 70 Jahre alt. Die Pause muss verlängert werden, weil die Fans 40 Minuten Schlange stehen, für CDs, Autogramme oder ein Selfie.