Der renommierte Virologe Alexander Kekulé (bis Dezember 2021 Uni Halle/Saale) hat deutlich Kritik am Corona-Management in Deutschland geübt.
▶︎ Vor dem Corona-Untersuchungsausschuss des Sächsischen Landtages kritisierte er die anfängliche Zögerlichkeit, die Forderungen nach einer Impfpflicht und die Geheimniskrämerei der Merkel-Regierung.
In Krisen sei es unverzichtbar, alle Entscheidungen nachvollziehbar zu begründen. Die Menschen seien klug genug, um zu verstehen, warum Maßnahmen ergriffen werden. „Doch viele Anordnungen waren widersprüchlich. So ist das Vertrauen der Bevölkerung erschüttert worden. Das müssen wir bis zur nächsten Krise wieder aufbauen“, sagte Kekulé. „Am besten fangen wir gleich damit an.“
Merkels Kamin-Gespräche führten zu Fehlbeurteilungen
Laut Kekulé habe sich die Bundesregierung immer mehr auf immer weniger Berater gestützt. Ein Fehler, der zu „nicht vertretbaren Fehlbeurteilungen“ führte.
So seien wichtige Entscheidungen letztlich bei Kamin-Gesprächen mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (70, CDU) und wenigen Vertrauten getroffen worden.
▶︎ Diese Gespräche hätten keinen offiziellen Charakter gehabt, seien anders als die Beratungen des RKI nicht protokolliert worden. „Ich glaube, das muss im Nachhinein transparent gemacht werden, um Entscheidungen nachvollziehen zu können“, forderte Kekulé.
Merkel selbst ließ auf BILD-Nachfrage allerdings wenig Elan erkennen, Kekulés Forderung nachzukommen. Eine Sprecherin der Altkanzlerin verwies an das Bundeskanzleramt, „da amtliche Unterlagen aus der Amtszeit der Bundeskanzlerin a. D. im Bundeskanzleramt veraktet sind, nicht im Büro der Bundeskanzlerin a. D.“.
Impfpflicht-Debatte ohne sachlichen Grund
Kritisch bewertete Kekulé auch die Kommunikation der Bundesregierung zur Impfpflicht. Die sei „nicht nachvollziehbar“ gewesen und habe „Impfgegnern in die Hände gespielt“.
Schon bei der Delta-Variante 2021 habe es nämlich keinen Grund mehr für eine Impfpflicht gegeben, da auch Geimpfte maßgeblich am Infektionsgeschehen beteiligt waren.
Eine lange propagierte Herdenimmunität war da schon längst wissenschaftlich ausgeschlossen. „Die Daten dazu lagen alle auf dem Tisch.“ Trotzdem sei von der Politik eine Debatte über eine Impfpflicht geführt worden.
Der Virologe kritisierte auch das Pandemie-Management zu Beginn der Krise. So habe man „eliminatorische Maßnahmen“ wie Einreisekontrollen aus China oder die gezielte Suche nach versteckten Infektionen unterlassen.
„Wenn Deutschland und Italien damals gehandelt hätten, hätte man die erste Welle und den 1. Lockdown verhindern können“, so Kekulé.
Der Corona-Untersuchungsausschuss des Sächsischen Landtages ist auf Antrag der AfD-Fraktion eingesetzt worden und soll den Umgang der sächsischen Staatsregierung und Behörden mit der Pandemie beleuchten.