Die Strippenzieher in der Berliner CDU-Zentrale blicken ein wenig wie die Kaninchen auf die Schlange, wenn sie an den 26. November denken.

Grund: Dann erscheinen die 740 Seiten dicken Memoiren („Freiheit“, Kiepenheuer & Witsch) von Altkanzlerin Angela Merkel (70, CDU).

Die bange Frage der PR-Profis, die die Botschaften des Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (69) auf Plakate bringen sollen: Wird die – immer noch beliebte – Merkel mit scharfer Kritik am neuen Migrations-Kurs der Union Merz den Wahlkampf verhageln?

Angela Merkel bereut nichts

Im „Spiegel“-Interview zu ihrem Buch klingt Merkel jedenfalls nicht so, als würde sie irgendeine ihrer Entscheidungen im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 bereuen. Im Gegenteil: Merkel erklärt klipp und klar, sie habe „damals gesagt, dass ich Grenzkontrollen für notwendig halte, aber keine Zurückweisungen“. Denn: „Wenn jemand um Asyl bittet, muss das geprüft werden.“

Merz und die Union wollen genau diese Prüfung nicht mehr, wenn ein Asylbewerber aus sicheren Drittstaaten zu uns kommen will. Das findet Merkel falsch.

Die Altkanzlerin hebt wie damals darauf ab, dass die EU dieses Problem „gemeinsam an den Außengrenzen lösen“ müsse, was bis heute nicht passiert ist. Sonst wäre das „ein Stück Rückabwicklung der europäischen Integration – mit Folgen, die man nicht abschätzen kann“.

Bei Merz wird Merkel grundsätzlich

Aber Merkel macht auch klar: „Die CDU ist meine Partei. Das ist so – selbst wenn sie heute schwerpunktmäßig anders ist und mir manchmal etwas fehlt.“

Und Merz? Merkel meint: „Wer so weit gekommen ist, muss über irgendwelche Eigenschaften verfügen, die ihn dazu befähigen. Ja, man wird nicht ohne Grund Kanzlerkandidat.“ Das klingt nach einem Kompliment, ist aber eigentlich keines.

Eine Eigenschaft, die Merz auszeichnet, nennt Merkel jedenfalls nicht. Entsteht neuer Unfriede in der Union? Viel wird darauf ankommen, wie Merkel den Kanzlerkandidaten in ihrem Buch beschreibt und ob sie darin auch dessen Politik kritisiert.

INSA-Chef Hermann Binkert glaubt indes nicht, dass Merz sein neuer harter CDU-Kurs in der Migrationspolitik schadet. Grund: Sein Institut ermittelte, dass 46 Prozent der Deutschen Merkels Haltung damals gut fanden – heute finden das nur noch 23 Prozent.