Wie politisch ist ein Haarschnitt? Im US-Bundesstaat Arkansas haben Republikaner einen neuen Gesetzentwurf eingebracht, der Klagen gegen Friseure ermöglicht, wenn sie Kindern eine „geschlechtsnonkonforme“ Frisur schneiden.
Heißt: Kommt ein minderjähriges Mädchen mit einem „Tomboy“-Haarschnitt nach Hause, können die Eltern den Friseur verklagen. Doch die Initiatoren gehen noch viel weiter:
▶︎ Sollte der sogenannte Vulnerable Youth Protection Act (deutsch: Gesetz zum Schutz der verletzlichen Jugend) angenommen werden, könnte sich jeder Mensch strafbar machen, „der die soziale ,Veränderung‘ eines Minderjährigen verursacht oder dazu beiträgt“.
▶︎ Unter „Transition“ ist laut Entwurf jede Handlung zu verstehen, „durch die ein Minderjähriger eine Geschlechtsidentität annimmt oder befürwortet, die von seinem biologischen Geschlecht abweicht“ – etwa in Bezug auf Kleidung, Pronomen, Frisur oder Namen.
Nicht nur Friseure wären also rechtlich angreifbar, sondern auch der Shopbesitzer, der dem 16-jährigen Teenager einen BH verkauft hat oder der Lehrer, der seine transsexuelle Schülerin mit ihrem selbstgewählten Jungen-Namen anspricht.
Sorge vor „Welle unbegründeter Klagen“
Selbst im tiefroten Arkansas, wo die Republikaner 80 Prozent der Sitze im Repräsentantenhaus halten, sorgt die Gesetzesinitiative deshalb für Zoff.
Eingebracht hatte sie Mary Bentley (63) – Christin, erklärte Abtreibungsgegnerin und Besitzerin einer Firma für Plastikgeschirr. Ihr Ziel: Niemand dürfe Kindern einreden, sie seien „im falschen Körper geboren“, so Bentley. Jugendlichen, die „geschlechtsverwirrt“ seien, könne nur ein Therapeut für psychische Gesundheit helfen.
Evelyn Rios Stafford (51), die erste und einzige Transsexuelle in einem öffentlichen Amt in Arkansas, sieht das anders. In einer ersten Lesung zerpflückte sie das Gesetz – denn es ermögliche „eine Welle unbegründeter Klagen wegen absurdester Situationen“. Selbst ein Kompliment für die Frisur eines Trans-Jugendlichen könne demnach strafbar sein, so Stafford.
Und: „Es vermittelt Trans-Kindern, dass sie keine verfassungsmäßig garantierten Rechte haben, um über ihren eigenen Körper zu bestimmen.“
Auch Juristen äußerten Zweifel. Laut dem republikanischen Generalstaatsanwalt in Arkansas, Tim Griffin (56), verletzte das Gesetz das in der Verfassung garantierte Recht auf Redefreiheit – und er zweifelt, dass er es vor einem Bundesgericht verteidigen könnte. Die Folge: Bentley zog das Gesetz für Änderungen zunächst zurück.
Das letzte Wort ist aber nicht gesprochen. Bentley ist bekannt für ihre Hartnäckigkeit. 2023 brachte sie gegen großen Widerstand ein Gesetz durch, das Kunstfehlerklagen gegen Ärzte erlaubt, die geschlechtsumwandelnde Behandlungen anbieten.