Seit Donald Trump die Hand zum Amtsschwur hob, erleben die transatlantischen Beziehungen einen Dauer-Stresstest. Der schockierende Krach im Oval Office am Freitag zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj offenbarte die wachsende Kluft. 

Auch sonstige Breitseiten des US-Präsidenten gegen Europa lösen bereits Verbitterung aus. Die EU sei nur gegründet worden, monierte Trump, „um Amerika übers Ohr zu hauen“.

Am größten sind die Spannungen in Sicherheitsfragen – und hier meldet sich ein Außenpolitik-Veteran zu Wort: John Bolton war Trumps Nationaler Sicherheitsberater (2018–2019), zerstritt sich dann mit dem US-Präsidenten und zählt nun zu seinen schärfsten Kritikern.

Doch die Knallhart-Ansagen des deutschen Bald-Kanzlers Friedrich Merz hält Bolton für falsch und gefährlich!

Denn: Merz sagte am Wahlabend, Europa müsse „Schritt für Schritt Unabhängigkeit von den USA erreichen“. Das habe „absolute Priorität“. Dann verglich er die USA mit Russland: „Die Interventionen aus Washington waren nicht weniger dramatisch, drastisch und letztlich unverschämt als die Interventionen, die wir von Moskau gesehen haben.“

Es waren Sätze, die auch in Amerika Wellen schlugen!

Laut Bolton aber spiele Merz Trump damit nur in die Hände. „Ich hoffe, er hat sich da versprochen und meint das nicht ernst“, sagte der seit den Reagan-Jahren aktive Außenpolitikexperte jetzt zu BILD: „Solche Aussagen geben Trump grünes Licht, sich aus der Nato zurückzuziehen!“

„Grünes Licht“ für Trump, sich von Europa zurückzuziehen?

Trump könne argumentieren so Bolton: „Warum sollen wir einer europäischen Unabhängigkeit im Weg stehen? Und übrigens, bei der nächsten Bedrohung durch einen militärischen Aggressor, lasst uns wissen, wie es ausgegangen ist …“

Insgesamt wäre es eine Einladung für Washington, sich von Europa zu distanzieren. Bolton hält da auch einen Austritt der USA aus der Nato weiterhin für eine reelle Möglichkeit. Die Konsequenzen wären vor allem in militärischen Fragen beachtlich: Ohne US-Schutz müssten europäische Staaten selbst für die Verteidigung sorgen, der Finanzbedarf sei „praktisch nicht kalkulierbar“. Und politisch „kaum durchsetzbar“, so Bolton zu BILD.

Trump hat „in diesem Krieg die Seiten gewechselt“

Dabei sei die Lage im Ukraine-Krieg laut dem amerikanischen Top-Experten dramatisch: „Trump hat, belegt durch seine jüngsten Aussagen, in diesem Krieg praktisch die Seiten gewechselt.“

Denn: Durch einen Waffenstillstand samt Friedenstruppen würden Russlands Landgewinne zementiert und die Ukraine gespalten, sagt Bolton. Mit Putin als Sieger. Es sei brandgefährlich, zuzulassen, „dass Aggressoren gewinnen“. 

Bolton sieht Trump „auf einem anderen Planeten“. Und nagelt das „Prinzip Trump“ in der Weltpolitik fest: Er setze Beziehungen zwischen Nationen gleich mit jenen zu den jeweiligen Staatschefs. Und er sehe in Wladimir Putin „einen Freund“. Wohl, weil er Diktatoren bewundere, „da die nicht auf Wahlen oder die Justiz Rücksicht nehmen müssen“. Mit Selenskyj hingegen habe Trump „immer Probleme gehabt“.