Als US-Präsident Donald Trump davon sprach, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sei ein „Diktator“, der nicht gewählt wurde, der einen „schrecklichen Job“ gemacht habe und ihm erneut die Schuld an dem Krieg gab, musste ich an die ersten Kriegstage denken.

Am Montag ist es genau drei Jahre her, dass die Ukraine von Russland überfallen wurde, befohlen von Wladimir Putin.

Ich war in Kiew, als russische Soldaten die Stadt umzingeln wollten. Ich habe viele tote Zivilisten gesehen. Ich habe Reporterkollegen morgens gesehen, die abends nicht mehr wiederkamen.

Und immer wieder traf ich Selenskyj.

Das erste Interview, das wir kurz nach Kriegsausbruch führten, fand im Präsidentenpalast statt, neben uns Sandsäcke. „Ich habe keine Angst. Wovor auch?“, sagte er, während russische Killer-Kommandos ihn suchten. Seine Familie und er standen ganz oben auf Putins Todesliste.

Selenskyj ist geblieben, obwohl alle Regierungen ihm geraten hatten, zu fliehen. Er schützte und rettete so sein Land. Er verhinderte so, dass Putin die Ukraine übernehmen und andere europäische Länder ins Visier nehmen kann. Das wird für immer bleiben.

Und das wird ihm auch Donald Trump nicht nehmen können. Die Worte, die Trump gegenüber Selenskyj gewählt hat, sind unfassbar. Trump will Selenskyj die Ehre nehmen.

Alles, was Trump über Selenskyj und die Ukraine sagt und schreibt, entspringt der russischen Propaganda. Im Kreml muss eine Feierlaune herrschen wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

Trump hat sich entschieden: Er steht auf der Seite Putins. Unser Feind ist sein Freund.

Aber was folgt daraus?

Erstens zeigen die Reaktionen auf Trump die ganze Verlogenheit der einst stolzen Republikaner und der Unterstützer in Deutschland, dass es kaum Aufregung über die „Diktator“-Aussage gibt und den Skandal-Satz, es gebe in der Ukraine „eine Führung, die einen Krieg zugelassen hat, den es nie hätte geben dürfen.“

Das ist eine unglaubliche Verkehrung der Schuld. Ein Affront für den freien Westen. Eine Bodenlosigkeit gegenüber einem ukrainischen Präsidenten, den Russland töten wollte und der trotzdem im Land geblieben ist. Es gilt: Wer sich Trump nicht entgegenstellt bei seinem Putin-Appeasement, wer weiter so tut, als sei das alles völlig normal, sollte nie wieder über Werte und Moral reden.

▶︎ Noch viel wichtiger aber: Wir brauchen einen großen europäischen Plan für unsere Sicherheit – und darum auch für die Sicherheit der Ukraine, deren Soldaten dafür sorgen, dass die russische Armee uns nicht näher kommt.

Wir brauchen etwas, von dem wir selbst nie geglaubt hätten, dass wir dazu imstande sind. Wenn nicht alle europäischen Partner mitmachen wollen, dann müssen einzelne Staaten sich zusammenschließen.

Macron macht es gerade vor mit den eilig einberufenen Treffen in Paris. Wir brauchen JETZT Vorbereitungen dafür, wie die Ukraine ohne die USA überleben kann.

Am Sonntag wird in Deutschland gewählt. Danach werden wir keine Zeit für lange Verhandlungen haben. Unsere Regierung muss schnell stehen, um gemeinsam mit Frankreich, Polen, Großbritannien und anderen die Ukraine zu retten und dafür zu sorgen, dass Russland nicht das nächste Land überfällt.

Es geht um unsere Sicherheit, unsere Freiheit, unser Leben.