Es war einer der größten Angriffe mit ballistischen Raketen in der Geschichte: Insgesamt 180 Raketen hat der Iran am Dienstagabend auf Israel abgefeuert. Aber der israelischen Armee zufolge ist kaum eine der Raketen auch wirklich bis zum Ziel durchgekommen, es gab nur ein Todesopfer (ein palästinensischer Mann). Dennoch gab es einzelne Treffer auf einer israelischen Luftwaffenbasis. Was genau dabei getroffen wurde, ist bisher noch unklar.
Die meisten Raketen konnten von der israelischen Luftabwehr abgefangen werden. Wie hat Israel das gemacht?
BILD beantwortet die wichtigsten Fragen zum gestrigen Angriff aus Israel.
Wie konnte Israel die Raketen abfangen?
Auf BILD-Anfrage heißt es von Israels Armee, dass keine Details über die Verteidigungsstrategie preisgegeben werden können. Experten und Analysten zufolge nutzt Israel eine Kombination aus mehreren Abwehrsystemen, darunter der Iron Dome und das Arrow-System. Besonders das Arrow-System konnte nach israelischen Medienberichten gestern Abend und Nacht einen Großteil der Raketen abwehren.
Dieses System erkennt feindliche Raketen bereits in der Startphase, berechnet ihre Flugbahn und schießt Abfangraketen ab, die die Bedrohung entweder in der Atmosphäre („Arrow-2“) oder im Weltraum („Arrow-3“) zerstören.
In mittlerer Distanz kam das „David’s Sling-System“ zum Einsatz. Und im dritten Abwehrring, in der nahen Entfernungen, die „Iron Dome“-Batterien.
Die vollständig synchronisiert arbeitenden Systeme verzeichneten hohe Abfangquoten, boten jedoch auch dieses Mal keinen hermetischen Schutz. Trotzdem berichten israelische Medien von einer der erfolgreichsten Nächte für die israelische Raketenabwehr, so seien fast alle der 180 Raketen erfolgreich abgefangen worden.
Wie funktioniert dieses Arrow-System?
Das Arrow-System kann mehrere Raketen gleichzeitig abfangen, auch bei großflächigen Angriffen wie am Dienstagabend. Die präzise Radarerfassung und die enorm schnelle Reaktionszeit machen es möglich, Raketen bereits in großen Höhen oder außerhalb der Atmosphäre zu zerstören, bevor sie auf israelischem Boden einschlagen.
Ein hochsensibles Radar erkennt Raketenstarts schon aus Hunderten von Kilometern Entfernung. Die Abfangraketen des Systems werden dann abgefeuert, erreichen Überschallgeschwindigkeit und zerstören die ankommenden Raketen entweder in der Atmosphäre oder, im Fall von Arrow-3, im Weltraum.
Was sind das für Raketen, die der Iran auf Israel abgefeuert hat?
Der Iran setzte ballistische Raketen ein. Diese haben eine hohe Reichweite und sind darauf ausgelegt, große Zerstörung anzurichten. Der Unterschied zu kleineren Raketen, wie sie oft von palästinensischen Milizen abgefeuert werden, liegt in der größeren Sprengkraft und Reichweite dieser Raketen.
Zum Einsatz kamen auch „Fattah-1“-Raketen. Diese neu entwickelten Raketen haben eine Reichweite von 1400 Kilometern und ein Sprengkopfgewicht von bis zu 450 Kilogramm.
Obwohl die Iraner es behaupten, handelt es sich bei den „Fattah-1“-Raketen aber nicht um Hyperschallraketen im klassischen Sinne. Sie erreicht in der Spitze zwar Geschwindigkeiten von mehr als 18 000 km/h, kann die Geschwindigkeit aber nicht über die gesamte Flugzeit hinweg halten.
Auch die ähnlich schnelle und schwere „Cheibar Schekan“-Rakete kam im Angriff auf Israel zum Einsatz. Daneben kamen Experten zufolge auch noch Raketen des Typs „Qadr“ (zwischen 700 Kilogramm und 1 Tonne, bis zu 2000 Kilometer Reichweite) und des Typs „Emad“ (1,75 Tonnen) zum Einsatz.
Was hat es mit diesem Iron Dome auf sich? Warum haben das nicht alle Länder?
Der „Iron Dome“ ist ein israelisches Abwehrsystem, das besonders effektiv gegen Kurzstreckenraketen und Mörsergranaten ist. Es wurde speziell entwickelt, um Raketen abzufangen, die auf dicht besiedelte Gebiete zielen.
Obwohl der Iron Dome bei Angriffen von Palästinensergruppen eine zentrale Rolle spielt, kam er bei diesem Angriff weniger zum Einsatz, da die ballistischen Raketen vorwiegend durch das „Arrow“-System bekämpft wurden.
Die Frage, warum nicht alle Länder solche Systeme haben, liegt an den enormen Kosten und der Komplexität der Entwicklung. Die Kosten für eine einzelne Batterie des Iron Dome wird auf gut 90 Millionen Euro geschätzt. Mindestens zehn solcher Einheiten hat Israel in Betrieb. Jede einzelne Abfangrakete kostet noch mal rund 40 000 Euro.
Warum feuern die Feinde Israels überhaupt Raketen, wenn das doch gar nichts bringt?
Für viele der Feinde Israels geht es weniger um den militärischen Erfolg als um die symbolische Bedeutung: Raketenangriffe erzeugen Angst und Unsicherheit in der Bevölkerung.
Irans Angriff hatte auch innenpolitische Gründe: Das islamistische Regime musste seinen Terror-Verbündeten demonstrieren, dass es sich gegen Israel wehren kann. Zuletzt mussten die Schergen der Iraner heftige Verluste hinnehmen, u. a. den Tod von Hisbollah-Chef Nasrallah in Beirut.
Hat Israel die beste Armee der Welt?
Israel hat ohne Zweifel eine der modernsten und effektivsten Armeen der Welt, vor allem in Bezug auf Technologie und Raketenabwehr. Das Land ist gezwungen, ständig auf höchstem Niveau zu verteidigen, da es von feindlichen Nationen umgeben ist.
Ob Israel „die beste Armee der Welt“ hat, ist allerdings schwer zu sagen. In Sachen Abwehrtechnologie ist Israel auf jeden Fall weltweit führend.
Wie viel Schaden richten die israelischen Abfangraketen an?
Die israelischen Abfangraketen selbst sind nicht dazu gedacht, Schaden anzurichten, sondern Angriffe zu verhindern. Sie explodieren nahe den ankommenden Raketen und zerfetzen diese in der Luft.
Ihr Ziel ist es, die feindlichen Raketen unschädlich zu machen, bevor sie auf israelischem Boden einschlagen können. Die Abfangraketen selbst richten keinen Schaden auf dem Boden an. ABER: Ein palästinensischer Mann wurde von einer abgefangenen iranischen Rakete erschlagen, die zu Boden stürzte.
Wie kann es sein, dass 180 Raketen nur ein Menschenleben gefordert haben?
Das ist ein weiterer Beweis für die Effizienz israelischer Abwehrsysteme. Dank der starken Raketenabwehr konnte der Großteil der Raketen in der Luft zerstört werden.
Zudem verfügt Israel über ein ausgeklügeltes Frühwarnsystem und Schutzräume für die Bevölkerung. Und: Eine Bevölkerung, die sich von solchen Angriffen nicht aus der Ruhe bringen lässt und die Sicherheitsanweisungen befolgt.
Wieso sind in der Ukraine die Opferzahlen so viel höher?
Im Gegensatz zu Israel fehlt es der Ukraine an ähnlich effektiven Raketenabwehrsystemen, was zu höheren Opferzahlen bei russischen Raketenangriffen führt. Das israelische System zur Raketenabwehr ist weltweit führend, die Verteidigung in Israel ist auf einem gänzlich anderen Niveau, was das Land vor ähnlichen Verlusten schützt.