Stell dir vor, es ist Krieg, aber die Panzer springen nicht an – weil der Brennstoff fehlt. Das ist die bittere Realität der Bundeswehr, die viele der schwarz-roten Verhandler offenbar noch immer nicht wahrhaben wollen.
Einig sind sie sich bislang nur dabei: „Wir werden sämtliche Voraussetzungen schaffen, damit die Bundeswehr die Aufgabe der Landes- und Bündnisverteidigung uneingeschränkt erfüllen kann.“ Ob auch das 3,5-Prozent-Ziel für Verteidigungsausgaben festgeschrieben und die Wehrpflicht wieder eingeführt wird? Bislang komplett offen.
Die katastrophale Situation der Streitkräfte in Deutschland wurde am Donnerstagabend bei „Markus Lanz“ im ZDF einmal mehr deutlich. Der Chef des Deutschen Bundeswehrverbandes, Oberst André Wüstner (50), sagte dort: „In der Phase X gehen wir, wie wir sind, denn fahren können wir ja nicht.“ Und er formuliert die deutliche Warnung: Wer verteidigungsfähig sei, schrecke ab, und „wer es nicht ist, lädt ein“. Vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestages hatte er den Zustand der Bundeswehr im Dezember so dargestellt: „blanker als blank“.
Der frühere Afghanistan-Kämpfer nannte im Lanz-Talk zwei eklatante Beispiele für die Verteidigungsunfähigkeit der Bundeswehr:
► Das Heer habe ein Soll von 1000 Tankfahrzeugen und ein Ist von 70. Von denen würden 60 bei der Brigade 45 in Litauen gebraucht.
► Eine große Lücke herrsche auch bei der Flugabwehr. Es gebe einen Bedarf von 200 Skyrangern (Stückpreis: 34 Millionen Euro), bestellt worden seien bislang allerdings nur 19. Liefertermin: unklar.
Gegenüber BILD legte Wüstner nach: „Die größte Aufgabe für den neuen Verteidigungsminister ist, Soldaten zu gewinnen. Unsere Panzer brauchen neben Betriebsstoff auch einen Fahrer hinter dem Lenker und wir haben heute schon mehr U-Boote als komplette Besatzungen.“
Hinzu kommt, dass die Nato der Bundeswehr eine Durchhaltefähigkeit von 30 Tagen vorschreibe. Im Sommer könnte der Wert weiter angehoben werden.
Top-General: „Geht uns nicht besser als 2022“
Der Inspekteur des Heeres, Alfons Mais, äußerte sich in der FAZ ähnlich zur aktuellen Ausstattungssituation des Heeres. „Es geht uns heute materiell nicht wesentlich besser als im Februar 2022“, sagte er. Als Ursache sieht der General die hohen Abgaben von Material an die Ukraine, bevor die Produktionskapazitäten der Industrie erhöht wurden.
Trotz nachbestellter Waffensysteme verzögern sich deren Auslieferungen. „Die Unterschrift generiert leider noch keine heute sofort auf dem Kasernenhof stehende Fähigkeit“, so Mais.
Unions-Verteidigungsexperte Florian Hahn (51, CSU) zu BILD: „Unsere Schwäche provoziert unsere Gegner – genau deswegen müssen wir schnellstmöglich aufwuchsfähig, auch durch die Reaktivierung der Wehrpflicht, werden. Nur das schreckt ab.“ Deutschland müsse „in den Bereichen Cyber, Weltraum und Drohnen aufholen“, um abschreckungs- und verteidigungsfähig zu werden“.