Nach Kritik im In- und Ausland hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj abermals eine Gesetzesänderung für die Antikorruptionsbehörden angekündigt. Er werde dem Parlament einen neuen Gesetzesentwurf vorlegen, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Es werde die Antwort auf „alle Sorgen der Demonstranten“ sein und die
Unabhängigkeit der Behörden zur Korruptionsbekämpfung gewährleisten. Details nannte Selenskyj allerdings nicht.
Der Staatschef warf den Behörden erneut vor, unter „russischem Einfluss“ zu stehen. Das neue Gesetz werde das verhindern. Die ursprüngliche Gesetzesänderung hatte Selenskyj zunächst gegen Kritik verteidigt.
Am Dienstag war das eilig ins Parlament eingebrachte Gesetz mit großer
Mehrheit gebilligt und anschließend von Selenskyj unterzeichnet worden.
Es sieht vor, die bislang unabhängigen Antikorruptionsbehörden – das Nationale Antikorruptionsbüro (NABU) sowie die Spezialisierte Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP) – der
Generalstaatsanwaltschaft zu unterstellen. Der Generalstaatsanwalt wird
in der Ukraine
wiederum direkt vom Präsidenten ernannt. Kritiker befürchten deshalb Einflussnahme.
Anfang der Woche hatte es zudem umstrittene Razzien bei Mitarbeitern von NABU und SAP gegeben. Auch sie waren mit mutmaßlicher Kollaboration mit Russland begründet worden.
Erneut demonstrieren Tausende
Trotz der Ankündigung Selenskyjs gingen in Kyjiw am Mittwochabend den zweiten Tag infolge Tausende auf die Straße. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fordern ein Veto gegen das Gesetz. Auch in weiteren Großstädten war zu Protesten aufgerufen worden. Es sind die größten Demonstrationen seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022.
Auch international stieß Selenskyj mit der Gesetzesänderung auf Unmut. Die EU kritisierte, dass das Gesetz den Kampf gegen die Korruption in der Ukraine schwäche. Deutschlands Außenminister Johann Wadephul (CDU) warnte: Die Einschränkung der Unabhängigkeit der ukrainischen Antikorruptionsbehörde würde den Weg der Ukraine in die EU belasten.