Der Politikwissenschaftler Andreas Knie sagt den Untergang der deutschen Automobilindustrie voraus. „Das ist völlig klar, dafür muss man kein großer Visionär sein“, sagt er der „Berliner Zeitung“. „Wolfsburg wird das neue Detroit, Schwaben das neue Ruhrgebiet.“ Schuld sei der Schlingerkurs bei der E-Mobilität in Deutschland in der Vergangenheit. China habe viel konsequenter politisch auf E-Mobilität gesetzt.
„Wir in Deutschland scheinen keine Transformation zu können, wir meiden den Wechsel und die grundlegende Veränderung. Und die Politik unterstützt das noch: Wo können wir mit Steuergeldern helfen, um ruhig so bleiben zu können, wie wir sind?“, sagt der Professor für Soziologie an der TU Berlin, der sich seit den 80er-Jahren mit Verkehrsforschung befasst.
Deutschland müsse sich dringend neu erfinden, denn in der Vergangenheit haben die USA Deutschland „für lau“ beschützt, Russland billig Gas geliefert und die Chinesen teure deutsche Produkte gekauft. Das ändere sich. „Deutschland muss seine arrogante Grundhaltung überdenken. Wir glauben immer noch, wir hätten die bessere Technologie, die besseren Ingenieure.“
„Alle in der Branche wussten, wohin die Reise geht – zur Elektromobilität.“ In großen Städten in China sei es deutlich einfacher, ein Elektroauto zuzulassen als einen Verbrenner. „Die deutsche Autoindustrie wollte den Trend jahrelang in ihrer Arroganz nicht wahrhaben. Nun bekommt sie die Quittung. Es werden immer weniger deutsche Autos in China gekauft.“
Die deutsche Automobilbranche befindet sich in einem Abwärtstrend: Strafzölle und wachsende Konkurrenz aus China sind belastende Faktoren. „Jede sechste Großinsolvenz in diesem Jahr ist ein Automobilzulieferer“, sagt Dietmar Gerke vom internationalen Kreditversicherer Atradius.
Die Folge: Die Automobilindustrie führt die Liste der insolvenzgefährdeten Branchen an. In den vergangenen 25 Jahren ist die Automobilproduktion in Deutschland um 25 Prozent zurückgegangen. „Heute hat China die eigene Expertise und produziert günstiger als Deutschland“, so Dietmar Gerke. Die Folge: China überschwemmt Deutschland und Europa mit günstigen E-Fahrzeugen und stärkt gleichzeitig den Verkauf der eigenen Hersteller im Land. Zehntausende Arbeitsplätze sind gefährdet.
Auch darüber hinaus sieht es in Deutschland nicht besser aus: Die deutsche Wirtschaft kann nach Einschätzung des Instituts der deutschen Wirtschaft die Rezession auch im nächsten Jahr kaum abschütteln. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde nur minimal um 0,1 Prozent steigen, heißt es in der neuen Konjunkturprognose der Forscher.