Es war ein Acht-Augen-Geheimgespräch. Kanzler Olaf Scholz (SPD) war nach Kiew gereist, um mit Ukraines Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im engsten Kreis zu sprechen. Nur die jeweils engsten sicherheitspolitischen Berater waren dabei: Jens Plötner mit Scholz, Andrij Jermak mit Selenskyj.

Eigentlich waren gerade mal 30 Minuten für das Gespräch (die beiden sprechen Englisch miteinander) eingeplant. Doch dann saßen ihre Mitarbeiter sehr lange vor der verschlossenen Tür. 2,5 Stunden dauerten die Geheimverhandlungen.

Bei der anschließenden Pressekonferenz gingen sie sehr sanft miteinander um. Scholz erklärte den Ukrainern: „Unsere Herzen sind bei Euch.“ Selenskyj dankte Scholz für die militärische Hilfe. Und obwohl der Kanzler der Ukraine bei ihren beiden dringendsten Wünschen, der Lieferung des Marschflugkörpers Taurus und einem schnellen Nato-Beitritt, keinen Millimeter entgegenkam, verzichtete Selenskyj auf harte Kritik.

Zum Taurus sagte er nur: „Wir könnten mehr militärische Ziele in Russland treffen.“ Das war Minimalkritik. Und so zurückhaltend, dass er sich bei seinen Beratern im Publikum per Blickkontakt rückversicherte.

Die Inhalte des Achtaugengesprächs – streng geheim. Klar ist: Es ging um die ganz große Frage, wie der Krieg beendet werden kann. 2,5 Stunden ist ungewöhnlich lang. Und dass das Gespräch persönlich im Präsidentenpalast stattfand, nicht über eine im schlimmsten Fall abgehörte Telefonleitung zeigt: Hier wurden wirklich vertrauliche Dinge ausgetauscht.

Darum ging es dem Kanzler: Scholz wollte ausloten, wie Selenskyj die militärische Lage einschätzt. Zu was er und sein Land bereit sind.

In Kiew betonte der Kanzler erneut sein großes Versprechen: „Ich werde es nicht zulassen, dass über die Köpfe der Ukrainerinnen und Ukrainer hinweg entschieden wird.“

Scholz sieht sich in der Pflicht: Wenn US-Präsident Donald Trump Verhandlungen über ein Kriegsende startet, will der Kanzler für die Position der Ukraine kämpfen. Dafür muss er aber erst ihre roten Linien kennen.

Und dann muss auch noch Trump auf ihn hören …