Es ist Wahlkampf – aber ist dieser Ton eines Kanzlers würdig?
Olaf Scholz (66, SPD) erhob bei einer Veranstaltung der „FAZ“ einen hochbrisanten Vorwurf, sagte: „Ich habe das Gefühl, ich sage das hier so offen: Im Augenblick wird mit größter Intensität, großer Umsicht das deutsche Volk belogen.“
Es ging dabei um Ukraine-Hilfen.
Auf die Nachfrage, von wem das „deutsche Volk“ belogen werde, fügte der SPD-Kanzlerkandidat hinzu: „Von allen, die sich darum bemühen, eine Frage auszuklammern: ‚Wie bezahlen wir es?‘“
Außenministerin Annalena Baerbock (44, Grüne) fühlte sich offenbar angesprochen, konterte mit einer Warnung: Scholz solle den Streit über die Finanzierung neuer Ukraine-Hilfen nicht im Wahlkampf instrumentalisieren. Wohl zu spät …
Baerbock wolle „in aller Ernsthaftigkeit sagen, dass die Zeiten zu herausfordernd sind, dass Deutschland eine zu große Verantwortung trägt, als dass wir jetzt in den nächsten Wochen alle in Wahlkampfrhetorik verfallen sollten“, sagte die Grünen-Politikerin bei einem Treffen mit ihrem litauischen Kollegen Kęstutis Budrys (44) in Berlin.
„Es ist eine essenzielle Frage für das Vertrauen in Europa, ob wir fähig sind, im Interesse unser aller Sicherheit, unserer europäischen Sicherheit, zu handeln“, fügte Baerbock hinzu.
Alle in der Regierung hätten den europäischen Nachbarländern ihr Wort gegeben, dass man an der Seite der Ukraine stehe, solange diese Deutschland brauche – und dass Deutschland an der Seite seiner osteuropäischen Partner stehe. „Deswegen ist es wichtig, dass wir gerade in schwierigen Momenten genau das weiter umsetzen“, forderte Baerbock.
Sitzung des Haushaltsausschusses in Vorbereitung
In Gesprächen mit ihren Amtskollegen kämen Fragen auf, ob Deutschland weiter zu seiner Verantwortung stehe, sagte Baerbock. „Ich möchte als deutsche Außenministerin sagen: Ja, das tun wir.“ Deswegen bereite das Auswärtige Amt mit dem Verteidigungsministerium eine Sitzung des Haushaltsausschusses des Bundestages in der nächsten Woche vor, bei der es um die Ukraine-Milliarden gehen soll.
Streit um die Schuldenbremse
Scholz will für die Finanzierung von drei Milliarden Euro für zusätzliche Hilfen für die Ukraine die Schuldenbremse aufheben. Die Union, die FDP und auch die Grünen, sein verbliebener Koalitionspartner, wollen noch vor der Bundestagswahl zusätzliche Waffenlieferungen in die Ukraine über eine außerplanmäßige Ausgabe im Haushalt finanzieren.