Grimsby (England) – Nachdem sein Frachter vor der Nordseeküste Englands mit einem US-Tanker kollidiert war, hat die Staatsanwaltschaft am Freitag Anklage gegen den russischen Kapitän des Containerschiffs erhoben. Am Samstag kam er in U-Haft.
Bei dem Kapitän soll es sich um den 59-jährigen Wladimir Motin handeln. Dessen Name klingt nicht nur wie der des Kreml-Diktators, Motin stammt wie Wladimir Putin (72) auch aus Sankt Petersburg. Ob der Auftrag, das amerikanische Schiff zu rammen, direkt aus Moskau kam, ist allerdings noch unklar.
„Wir haben die Polizei von Humberside ermächtigt, gegen einen russischen Staatsbürger im Zusammenhang mit einer Kollision zweier Schiffe in der Nordsee vor der Ostküste Englands zu ermitteln“, sagte Frank Ferguson, Leiter der Abteilung für Sonderkriminalität und Terrorismusbekämpfung der Staatsanwaltschaft gegenüber CBS News.
Wladimir Motin, der das Kommando auf dem Frachter „Solong“ hatte, war bereits am Tag nach dem Zusammenstoß mit der „Stena Immaculate“ festgenommen worden. Die „Solong“ gehört der Hamburger Reederei Ernst Russ, war aber unter portugiesischer Flagge unterwegs. Der gerammte amerikanische Tanker hatte Kerosin für die US-Armee an Bord, war nach dem Unglück in Flammen aufgegangen.
Crewmitglied vermutlich tot
Motin wurde am Samstag einem Haftrichter in Kingston upon Hull im Nordosten Englands vorgeführt. Dieser ordnete die U-Haft an.
Das vermisste und vermutlich tote Crewmitglied ist laut britischen Behörden ein philippinischer Staatsbürger. Mark Angelo Pernia (38) hatte zur 14-köpfigen Besatzung auf Motins „Solong“ gedient.
Auch nach dem Aufprall stoppte der Frachter nicht
Der amerikanische Tanker lag rund 16 Kilometer vor der englischen Küste vor Anker. Dann sei das Frachtschiff des russischen Kapitäns „aus heiterem Himmel“ aufgetaucht und habe die „Stena Immaculate“ gerammt, sagte ein Crew-Mitglied dem Sender „CBS News“.
Rätselhaft: Der Tanker hatte seine Koordinaten korrekt übermittelt, sei somit eigentlich für alle anderen Schiffe sichtbar gewesen, sagte der Seemann. Dennoch kam es zum Crash.
Die „Solong“ habe trotz des Aufpralls auch nicht sofort angehalten, schilderte das Crew-Mitglied. Es habe sich angefühlt, als sei der Frachter 10 Minuten lang in das Schiff gefahren. Wollte der russische Kapitän maximalen Schaden anrichten? 400 Meter drückte er die „Stena Immaculate“ durchs Meer.
„Solong“ war durch zwei Inspektionen gefallen
Zudem tauchten Hafeninspektionsdokumente auf, berichtet CBS News. Sie sollen belegen, dass die „Solong“ im Juli in Dublin (Irland) die „steuerungsbezogenen Sicherheitsprüfungen“ und eine Inspektion in Schottland im Oktober nicht bestanden hat.
12 Mängel waren demnach festgestellt worden – unter anderem an Kompass, Alarmanlagen, Rettungsbooten und Brandschutztüren.