Putin darf gelassen bleiben

Wer diskutieren will, ob Donald Trumps Strategie für die Ukraine wenigstens theoretisch etwas taugt, steht vor einem mächtigen Problem: Im Grunde gibt es sie gar nicht. Der Krieg soll enden, soweit ist das Motiv des US-Präsidenten wohl klar. Aber sonst?

Ein paar markige Worte hier, ein zorniges Posting dort, schon klingt alles wieder ganz anders. Mal ist das angegriffene Land selbst schuld, soll gefälligst Zugeständnisse machen, die den Aggressor Russland belohnen. Dann plötzlich droht Trump dem zuvor so liebevoll umgarnten Wladimir Putin mit Sanktionen oder Schlimmerem.

Eben noch macht die Nachricht eines Stopps von Waffenlieferungen aus den USA an die Ukraine die Runde. Wenige Tage später wird die Entscheidung zurückgenommen, und der Präsident sagt Sätze wie: „Wenn Sie die Wahrheit wissen wollen, werden wir von Putin mit jeder Menge Bullshit beworfen.“ Da ist sie wieder, die Hoffnung, dass Trump erkannt haben könnte: Gegen Russland hilft nur Härte. 

Es ist ja auch offensichtlich: Der russische Präsident lässt in diesen Tagen keinen Zweifel daran, dass er den Krieg gegen die Ukraine mit aller Gewalt fortzusetzen gedenkt. Die Angriffe aus der Luft erreichen immer neue Dimensionen, die Kämpfe am Boden greifen immer weiter aus, während Verhandlungen nur immer weiter in die Länge gezogen werden.

Trumps Sinneswandel ist fraglich

Aber selbst wenn Trump seinem Unmut darüber zuletzt häufiger Luft machte, gefolgt ist daraus bislang wenig. Oder wie es der frühere Nato-Oberbefehlshaber in Europa, Wesley Clark, bei CNN beschrieb: „Es gibt keine wirkliche Ukraine-Politik dieser Regierung. Präsident Trump wendet sich nun schon seit einiger Zeit gegen Putin – mit Worten: Ich bin frustriert, das ist nicht richtig, bla, bla, bla. Wladimir, hör auf. Aber er hat nie etwas getan.“ 

Zumindest ist das, was Trump tatsächlich tut, eher Kosmetik. Etwa, wenn es um Waffen für die Ukraine geht. Als er diese Woche ankündigte, die gerade erst gestoppten Lieferungen aus Beständen in Polen doch wieder aufzunehmen, klang das zwar überraschend: „Sie müssen in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen.“ Ein solch klares Bekenntnis hatte man bis dato vom US-Präsidenten vermisst. Aber markierte es wirklich einen Sinneswandel?

Es war zunächst die Rücknahme einer Entscheidung, die angeblich ohne ihn getroffen wurde. Verteidigungsminister Pete Hegseth hatte den Schritt verfügt und vielleicht geglaubt, er sei noch auf Stand, was Trumps Haltung in dieser Frage angeht. Der Präsident hatte ja oft genug über die milliardenschweren Hilfen geschimpft, die noch unter seinem Vorgänger Joe Biden beschlossen worden waren und jetzt weiterlaufen: Der habe das „ganze Land geleert, um ihnen Waffen zu geben, und wir müssen sicherstellen, dass wir genug für uns selbst haben“, meinte er noch vergangene Woche.

Hegseths Staatssekretär Elbridge Colby spielte außerdem eine Rolle. Er soll eine umfassende Prüfung der eigenen Bestände veranlasst haben. Colby
ist knallhart auf China fokussiert und
sieht dagegen, vorsichtig formuliert, jegliches US-Engagement in Europa
als absolut nachrangig an. So wie Trump auch, mag man im
Verteidigungsministerium geglaubt haben: Sollen die Europäer sich allein
drum kümmern. 

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