Putin beansprucht Sieg im Zweiten Weltkrieg für Russland

Russlands Präsident Wladimir Putin hat beim Tag des Sieges über Nazideutschland, der in Russland am 9. Mai gefeiert wird, seine Solidarität mit den sowjetischen Soldaten des Zweiten Weltkriegs erklärt – und ihr Erbe für Russland beansprucht. „Vertreter verschiedener Nationalitäten, die den Nationalsozialismus zerstörten, werden in der Geschichte für immer russische Soldaten bleiben“, sagte Putin bei der Militärparade auf dem Roten Platz in Moskau.

Zugleich erklärte Russlands Staatschef seine Solidarität mit den russischen Truppen, die derzeit in der Ukraine kämpfen. Ihr „Mut“, der immer zum Sieg geführt habe, habe die Unterstützung und Bewunderung des Volkes, sagte Putin. Russland sei ein „Bollwerk“ gegen „Nazismus, Russophobie und Antisemitismus“ und werde stets „Wahrheit und Gerechtigkeit“ auf seiner Seite haben. „Russland erinnert sich an die Lehren des Zweiten Weltkriegs und wird niemals mit einer Verfälschung seiner Ereignisse einverstanden sein – mit den Versuchen, die Henker freizusprechen und die wahren Sieger zu verleugnen“, sagte Putin weiter.

Putins Rede dauerte knapp zehn Minuten. Bei seiner Ansprache stellte er weniger Bezüge zum Ukrainekrieg her, als in den vergangenen Jahren. Die Inszenierung des Angriffs auf das Nachbarland als Fortsetzung des Kampfes der Sowjetunion gegen Nazideutschland stand in den vergangenen Paraden im Fokus von Putins Rede.

Es ist die vierte Militärparade anlässlich des Tags des Sieges seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine. Auf den Angriff auf das Nachbarland bezog sich Putin bei jeder der bisherigen drei Feiern. In den vergangenen Jahren tat er dies deutlich konkreter, als dieses Mal: 2022 bezeichnete er den Krieg als präventiven Angriff, der wegen einer Bedrohung durch die Nato notwendig geworden sei, und verglich die russischen Soldaten in der Ukraine mit den Sowjetsoldaten im Zweiten Weltkrieg. 2023 warf er dem Westen vor, einen „Krieg“ gegen Russland zu führen und setzte die westlichen Länder mit Nazideutschland gleich. Im vergangenen Jahr betonte Putin bei der Parade den Status Russlands als Atommacht.

Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen und hochrangige Gäste

In diesem Jahr fielen im Vorfeld der Parade vor allem die Sicherheitsmaßnahmen in Moskau auf. So wurde in Moskau am Morgen und Vormittag weitgehend das mobile Internet eingeschränkt. Putins Sprecher Dmitri Peskow rief die Einwohner der Hauptstadt zum Verständnis dafür auf – und begründete die Maßnahme mit einer „gefährlichen Nachbarschaft“. Bereits in den Tagen vor der Parade war es in Moskau zu Störungen bei staatlichen und privaten Onlinediensten gekommen. 

Auch die Flughäfen der russischen Hauptstadt setzten in den Tagen vor der Parade mehrfach den Flugverkehr aus, wodurch viele Flüge ausfielen. Hintergrund waren von Russland gemeldete ukrainische Drohnenangriffe auf die Hauptstadtregion an mehreren Nächten Anfang der Woche. 

Ein ukrainischer Angriff am heutigen Freitag auf die Parade selbst galt hingegen wegen der um Moskau konzentrierten Luftverteidigung als unwahrscheinlich. Auch dürfte die Präsenz zahlreicher ausländischer Staatschefs dagegen sprechen. Russland kündigte an, dass in diesem Jahr mehr als 20 Staats- und Regierungschefs der Veranstaltung beiwohnen würden – deutlich mehr als in den Vorjahren. Unter ihnen sind unter anderem der brasilianische Präsident Lula da Silva, Chinas Staatschef Xi Jinping und mit dem slowakischen Regierungschef Robert Fico erstmals seit Jahren der Vertreter eines Nato-Staats. 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Wochenende dennoch mitgeteilt, er könne nicht für die Sicherheit von Putins Gästen bürgen. Bereits vergangene Woche sagte er, Russland mache sich „zurecht“ Sorgen vor möglichen Angriffen während der Parade. Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew drohte der Ukraine daraufhin mit der „Vernichtung“ Kyjiws, solle es am heutigen Freitag zu Angriffen auf Moskau kommen. Die Ukraine wirft Russland ihrerseits vor, eine am Donnerstag begonnene dreitägige Feuerpause allein um der Sicherheit der Parade willen angesetzt zu haben und sich bei Kämpfen an der Front in der Ukraine nicht an sie zu halten.

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