Seit einer Woche liefern sich Demonstranten Straßenschlachten mit der Polizei in der georgischen Hauptstadt Tiflis. Sie protestieren gegen die russlandtreue Regierung, die mit immer härterer Polizeigewalt antwortet.

Nicht mal vor Ärzten machen die Prügelgarden Halt, verwüsten ein mobiles Lazarett unweit des Parlaments. Das hatte Oppositionsführerin Sopo Japaridze (37) erst am Dienstag neben der Staatsoper errichtet, um verletzten Demonstranten schnell medizinische Hilfe leisten zu können.

Polizei zerstört Zelt-Krankenhaus

Damit erreichte die Eskalation in Tiflis einen weiteren Höhepunkt: Die russlandtreue Regierung ließ in dem Zelt-Krankenhaus alles beschlagnahmen: Verbandsmaterial, Kochsalzlösung und Medikamente.

Doch die Mediziner beugen sich der Bedrohung nicht, leisten weiter freiwilligen Dienst vor Ort. BILD traf einige von ihnen.

Eka Kvirkvelia, Reproduktionsspezialistin, berichtet: „Ich stehe hier seit dem ersten Tag der Proteste. Wir halfen den Verletzten, die sich gegenseitig zu uns brachten. Heute fand eine Razzia im Büro der Opposition statt. Sie haben alles mitgenommen – physiologische Lösungen, Verbandsmaterial, Medikamente. Wir mussten unsere eigene Ausrüstung mitbringen, um im Notfall die Wunden der Verletzten zu versorgen.“

Arzt klagt an: Polizisten verhalten sich wie russische Soldaten

Nika, Arzt und Anästhesist: „Das Ziel von Oligarch Iwanischwili und seinen Unterstützern ist es, die Bürger wehrlos zu machen und uns daran zu hindern, ihnen zu helfen. Sie haben uns brutal geschlagen, uns vergiftet und gleichzeitig den Verkauf von Masken und Atemschutzmasken in Apotheken verboten.“

Die Schergen hätten seine Ausrüstung beschlagnahmt: „Sie vergiften uns und nehmen uns die Mittel zur Versorgung. Das Recht, die Gesundheit und das Leben der Menschen zu schützen, ist unsere wichtigste Pflicht. So etwas passiert selbst im Krieg selten – nur russische Soldaten verhalten sich so.“

Verprügelter Arzt: „Wir werden weiterkämpfen“

Dr. Vato Gvazava, ein Traumatologe, wurde von der Polizei zusammengeschlagen, als er während der Auflösung einer Demonstration versuchte, einer verletzten Person zu helfen. Er sagte den Polizisten, dass er Arzt sei, doch sie schlugen ihn mit voller Wucht grün und blau und beschimpften ihn.

„‚Wir haben einen Auftrag‘, sagen sie und verhalten sich dabei völlig enthemmt“, berichtet der Mediziner. „Auch Schwangere werden geschlagen … Von ihnen ist alles zu erwarten. Aber wir werden weiterkämpfen, bis zum Ende – selbst wenn sie mich töten oder mich zu einer behinderten Person machen.“

Iza, Therapeutin: „Meine Kinder sind auch hier, und selbst wenn sie versuchen, uns einzuschüchtern, werden wir trotzdem rausgehen. Wir nehmen unser Inventar mit und stellen uns vor Ort hin, um den Verletzten zu helfen. Vielleicht brauchen sie eines Tages auch unsere Hilfe, aber darüber denken sie nicht nach.“

Gia, Assistenzarzt: „Dein Beruf spielt für die Schläger keine Rolle. Wenn du bei der Kundgebung bist, bist du ihr Gegner, ihr Feind, den sie ‚korrigieren‘ müssen. So etwas hat es in Georgien noch nie gegeben.“