Wer glaubt, Südkoreas Hersteller von Schienenfahrzeugen und Kampfpanzern Hyundai Rotem sei Tausende Kilometer entfernt und spiele daher in Europas Rüstungsmarkt keine Rolle, irrt sich. Die Asiaten sind bei Ausschreibungen bereits Konkurrenten von Europas Leopard-Kampfpanzer.
Etwa in Norwegen, wo sie mit ihrem Modell K2 Black Panther verloren haben. Polen hingegen bestellt das K2-Modell von Hyundai. Jetzt hat das Unternehmen Details der nächsten Panzergeneration K3 veröffentlicht. Das Modell soll einen weltweit einmaligen Hybrid-Antrieb mit Wasserstoff erhalten. Konkret soll der Energieträger aus einem Wasserstofftank heraus in einer Brennstoffzelle zur Stromerzeugung genutzt und damit wiederum Elektromotoren angetrieben werden. Der Strom soll in Akkus gespeichert und bei Bedarf abgerufen werden.
Das Konzept ist komplett anders als das der Leopard-Panzer, die mit schweren Zwölfzylinder-Dieselmotoren mit 1500 PS angetrieben werden oder jenes der Abrams-US-Panzer, die über Gasturbinen-Antriebe funktionieren. Zwar gibt es Überlegungen für einen teilweisen Elektroantrieb für neue europäische Panzer. Dazu hat der Getriebehersteller Renk einen Vorschlag gemacht.
Aber das Konzept der Südkoreaner ist technisch radikaler und baut auf Wasserstoff als Energieträger auf. Der Antrieb hat weniger bewegliche Teile und dürfte daher auch wesentlich leichter zu warten sein.
Ein kritischer Punkt dürfte jedoch die Wasserstoff-Versorgung im Kriegsgebiet sein. Offensichtlich sollen Druckgasbehälter genutzt werden. Von Hyundai gibt es hierzu noch keine Details. Bei Militärexperten heißt es grundsätzlich: „Gefechte werden durch Feuerkraft, Kriege aber durch Logistik gewonnen oder verloren.“
Für Hyundai ist Wasserstofftechnik kein Fremdwort. Hyundai Rotem hat die Wasserstoff-Mobilitätssparte und baut bereits Straßenbahnen mit Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antrieb. Unter dem Dach des Mischkonzerns Hyundai-Kia Motors wird das Automodell Hyundai Nexo mit Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antrieb seit Jahren in Serie gebaut.
Schon jetzt dem Leopard ebenbürtig
Die Wasserstoff-Auto-Experten könnten sich mit den Panzer-Experten austauschen. Nur Toyota baut Wasserstoff-Technik ebenfalls in Serie in Autos ein, in kleinem Maßstab tun dies zudem BMW und Honda.
Die neue Hyundai-Panzergeneration K3 soll durch den Wasserstoff-Hybrid-Antrieb besonders leise sein und wenig Wärmestrahlung abgeben. Ein Vorteil, um sich besser verstecken zu können und Lenkwaffen oder Drohnen mit Wärmebildaufklärung kein Ziel zu bieten. Bei dem Hyundai-Konzept muss in einer Lauerstellung eben kein Dieselmotor laufen.
Schon jetzt punkten die Südkoreaner mit Panzertechnik, die mindestens ebenbürtig mit dem Leopard-Kampfpanzer ist. So hat das K2-Modell bereits ein automatisches Ladesystem für die Kanone. Zudem hat dieses Modell eine sogenannte aktive Panzerung. Vereinfacht gesagt werden dabei heranfliegende Geschosse und Raketen zerstört, bevor sie im Panzer einschlagen können.
Die Bundeswehr lässt derzeit 17 Leopard-Panzer vom Typ A7A1 mit dem israelischen Schutzsystem Trophy nachrüsten, der Generalunternehmer KNDS hat das erste Modell kürzlich vorgestellt.
Die nächste Hyundai-Panzergeneration K3 soll etwa 2040 einsatzreif sein, heißt es. Das wäre womöglich sogar noch vor dem deutsch-französischen Zukunftspanzerprojekt MGCS (Main Ground Combat System), dessen Zeitplan sich bereits um grob zehn Jahre nach hinten verschoben hat. Nunmehr wird der Einsatz in der ersten Hälfte der 2040er-Jahre erwartet.
Der Hyundai-K3-Panzer mit 55 Tonnen Gesamtgewicht und einer Drei-Personen-Besatzung in einer besonders geschützten Kommandozelle soll eine 130 Millimeter-Kanone erhalten – das wäre ein größeres Kaliber als beim K2 oder Leopard mit derzeit 120 Millimetern. Das bietet mehr Feuerkraft und soll Ziele in fünf Kilometer Entfernung treffen. Rheinmetall bietet bei seinem Leopard-Konkurrenzpanzer Kf51 Panther ebenfalls das größere Kaliber an.
Das K3-Modell der Südkoreaner soll weitgehend autonom fahren können. „Der Panzer der nächsten Generation wird mithilfe eines auf künstlicher Intelligenz basierenden Feuerleitsystems über stärkere Präventivschlagfähigkeiten verfügen“, erklärt ein Hyundai Rotem-Sprecher.
Der Panzer soll auch mit Anti-Panzer-Lenkwaffen ausgerüstet werden und eine ferngesteuerte Waffenstation auf dem Turm haben, für Munition bis zum Kaliber 30 Millimeter. Damit könnten feindliche Drohnen bekämpft werden. Zudem soll der Panzer auch selbst über Begleiter-Drohnen verfügen.
Gerhard Hegmann schreibt für WELT über Rüstung, Luft- und Raumfahrt und Militär.