Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat für sein
Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht nur aus
der Ukraine, sondern auch im eigenen Land Kritik geerntet. Sie kam aus mehreren politischen Lagern: Unter anderem äußerten sich der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der Bundestagsabgeordnete Gregor Gysi (Linke) und die Europaabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) dazu.
Peter Altmaier nannte das Telefonat auf X einen „Klopper, der viele Freunde der Ukraine schockiert & zu Recht verärgert“ habe. Weiter schrieb er: „Deutschland, Frankreich & Polen müssen gemeinsam & geschlossen mit der NATO auftreten. Und bis zur Neuwahl sollten CDU/CSU, Grüne & FDP einbezogen werden.“
Gysi fordert mehr Diplomatie
Gysi kritisierte Scholz hingegen nicht für das Telefonat, sondern dafür, dass es nicht früher stattfand. „Bundeskanzler Scholz hätte sich schon viel früher an Putin wenden müssen, um zusammen mit anderen ein Waffenstillstand zu erreichen. Anschließend wären Friedensverhandlungen erforderlich gewesen“, schrieb er auf X. Er warf Scholz weiter vor, nur mit Putin telefoniert zu haben, weil Donald Trump in den USA zum Präsidenten gewählt worden sei.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann antwortete auf X auf einen Tweet des Bundeskanzlers zum Telefonat mit Putin: „Mich würde ja mehr die Antwort von Putin interessieren, werter @Bundeskanzler.“ Scholz hatte zuvor geschrieben, er habe Putin aufgefordert, seine Truppen zurückzuziehen und mit der Ukraine zu verhandeln. Zum Inhalt von Putins Äußerungen teilte die Bundesregierung hingegen nichts mit.
CDU wirft Scholz PR-Motive vor
Der CDU-Politiker Johann Wadephul
kritisierte, Scholz habe das Telefonat lediglich aus
innenpolitischen Gründen geführt. Scholz sei es „mehr um PR als um den
Schutz der Ukraine“ gegangen, sagte der Vizevorsitzende der
Unionsfraktion.
Der Unionsaußenpolitiker Jürgen Hardt
warf dem Kanzler vor, Putin zu einem „Propaganda-Erfolg“ verholfen zu
haben und nur bereits bekannte Positionen wiederholt zu haben. „Er hat Putins Strategie befördert, der ja versucht,
aus der politischen Isolation herauszukommen. Das ist schlecht
und wird in Russland für Propaganda missbraucht“, sagte er. Manchmal sei gut gemeint das Gegenteil
von gut. Hardt warf dem SPD-Politiker vor, sich im
Bundestagswahlkampf gesprächsbereit präsentieren zu wollen. Er forderte stattdessen, den Druck auf Putin zu erhöhen, nicht zuletzt bei den Militärhilfen für die Ukraine.
Erstes Telefonat mit Putin seit zwei Jahren
Scholz hatte am Freitagnachmittag erstmals seit fast zwei Jahren mit
Putin telefoniert und nach eigenen Angaben Putin dabei
aufgefordert, „seine Truppen zurückzuziehen“ und sich zu Verhandlungen
mit der Ukraine bereit zu zeigen.
Laut Regierungssprecher Steffen
Hebestreit unterstrich Scholz in dem Gespräch die „unverbrüchliche
Entschlossenheit Deutschlands, die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen
die russische Aggression so lange wie nötig zu unterstützen“. Der
Kanzler machte laut Regierungskreisen zudem deutlich, dass mit der
Entsendung nordkoreanischer Soldaten nach Russland für Kampfeinsätze
gegen die Ukraine eine gravierende Ausweitung des Konflikts verbunden
sei.