Adipositas, also krankhafte Fettleibigkeit, wird in Deutschland immer häufiger chirurgisch behandelt. So stieg die Anzahl der chirurgischen Eingriffe zur Gewichtsreduktion bei starkem Übergewicht von rund 5000 im Jahr 2010 auf rund 26.250 im Jahr 2023 – das entspricht einem Anstieg von mehr als 420 Prozent. Das geht aus dem aktuellen Krankenhausreport 2025 der Krankenkasse Barmer hervor, der WELT exklusiv vorliegt.
Die gängigsten Formen der bariatrischen Eingriffe, wie diese Operationen in der Fachsprache genannt werden, umfassen dabei die Herstellung eines Schlauchmagens oder eines Magenbypasses. Dadurch soll die Nahrungsaufnahme reduziert beziehungsweise die Nährstoffaufnahmen verändert werden. Auf diese Weise können Betroffene eine teils deutliche Gewichtsreduktion erzielen. So zeigen Studien, dass das überschüssige Körpergewicht zehn Jahre nach der OP um bis zu 60 Prozent zurückgehen kann.
„Bariatrische Eingriffe führen zu einem starken Gewichtsverlust und haben damit das Potenzial, Adipositas und ihre Folge- und Begleiterkrankungen zu reduzieren. Der Erfolg hängt aber entscheidend davon ab, dass die Patienten ihren Lebensstil langfristig anpassen“, kommentierte Barmer-Vorstandsvorsitzender Christoph Straub die aktuellen Zahlen.
Aus dem Krankenhausreport der Barmer geht zudem hervor, dass sich die Altersgruppen der Patienten solcher OPs verändert haben. Mehr als die Hälfte der Adipositas-Operationen werden laut Barmer in der Altersgruppe der 30- bis 49-Jährigen durchgeführt. Dabei steigt die Zahl der Operierten bei den unter 40-Jährigen. Bei den 40- bis 54-Jährigen nimmt sie hingegen ab. Konstante OP-Zahlen verzeichnet hingegen die Gruppe der über 55-Jährigen.
Verschoben haben sich in den vergangenen Jahren auch die Operationsmethoden. Bis zum Jahr 2020 wurden die OP-Varianten Schlauchmagen und Magenbypässe etwa gleich häufig eingesetzt. Seitdem setzte sich die Herstellung des Schlauchmagens als das am häufigsten angewandte Verfahren durch.
Bei diesem Verfahren wird der Magen stark verkleinert, wobei die Nahrung weiter ihren natürlichen Weg durch Speiseröhre, Magen und Darm nimmt. Bei einem Magenbypass wird neben der Magenverkleinerung die Nahrungspassage zwischen Magen und Dünndarm umgestellt. Andere Operationsmethoden spielen laut dem Krankenhausreport kaum noch eine Rolle. Magenband-Operationen, bei denen ein Band um den oberen Teil des Magens gelegt wird, sind in den Jahren 2010 bis 2023 etwa um 70 Prozent zurückgegangen.
Aus dem Krankenhausreport der Barmer geht zudem hervor, dass drei Viertel der Adipositas-Operierten nach dem Eingriff erneut ins Krankenhaus müssen. Dies ist durchschnittlich sechs Mal der Fall. Der Aufenthalt im Krankenhaus dauert dabei im Schnitt neun Tage. Im Vergleich zu Kontrollgruppen mit gesunden Patienten und mit adipösen, aber nicht operierten Patienten kommt die Gruppe der bariatrisch Operierten deutlich häufiger erneut ins Krankenhaus.
Allerdings sind die erneuten stationären Behandlungen nicht zwingend direkte Folge der Adipositas-Chirurgie. So gelten die Eingriffe etwa auch Gelenkersatzoperationen. Diese werden erst möglich, wenn die Patienten deutlich Gewicht verloren haben.
Ein häufiger Grund für eine erneute Operation ist zudem die Entfernung überschüssiger Haut, die durch den starken Gewichtsverlust entsteht. Daneben sind Komplikationen nach der Operation, aber auch psychische Probleme wie etwa wiederkehrende Depressionen, Entzündungen der Gallenblase oder Arthrose in den Kniegelenken ein häufiger Anlass für eine erneute stationäre Behandlung.
Die meisten Adipositas-Operationen gibt es, gemessen an der Einwohnerzahl, laut dem Krankenhausreport in Nordrhein-Westfalen. In dem Bundesland werden 0,41 Eingriffe je 1000 Einwohner durchgeführt. Der Bundesschnitt liegt bei 0,29.
Laut Barmer könnten in NRW auch deshalb mehr Operationen als im Bundesdurchschnitt durchgeführt werden, weil es in dem Bundesland eine Häufung der zertifizierten Zentren für Adipositaschirurgie gibt. Regionale Unterschiede bestehen auch in der Art der Adipositas-Operationen. So finden in Süddeutschland mehr Schlauchmagen-OPs statt, während in Norddeutschland die Magenbypass-Operationen überwiegen.
Laut Statistischem Bundesamt hatten im Jahr 2021 rund 16,8 Prozent aller Erwachsenen in Deutschland einen Body-Mass-Index (BMI) von mindestens 30 und gelten damit als adipös.
Andreas Macho ist WELT-Wirtschaftsreporter in Berlin mit dem Schwerpunkt Gesundheit.
Andreas Macho ist WELT-Wirtschaftsreporter in Berlin mit dem Schwerpunkt Gesundheit.