Olaf Scholz bleibt bei Nein zu Taurus-Lieferung an Ukraine

Nach Berichten über eine US-Erlaubnis für die Ukraine zum Einsatz weitreichender Waffen gegen Ziele in Russland hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Lieferung von deutschen Taurus-Raketen erneut abgelehnt. „Ich habe sehr klare Gründe, warum ich die Lieferung von Marschflugkörpern Taurus (…) nicht für richtig halte“, sagte Scholz am Rande des G20-Gipfels in Rio de Janeiro. Deutschland müsste sich an der Zielsteuerung beteiligen. „Das ist aber etwas, was ich nicht verantworten kann und auch nicht will.“

US-Medienberichten zufolge soll US-Präsident Joe Biden eine Erlaubnis für den Einsatz von ATACMS-Raketen mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern gegeben haben. Die Waffen sollen wahrscheinlich zunächst gegen russische und nordkoreanische Truppen eingesetzt werden, um die ukrainischen Streitkräfte in der westrussischen Region Kursk zu unterstützen.

Polen begrüßt Schritt der USA

Die Berichte aus den USA lösten erneute Debatten über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern aus. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Polen begrüßten die Entscheidung des scheidenden US-Präsidenten Joe Biden. Das russische Präsidialamt warf Biden dagegen vor, den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine weiter anzuheizen, ähnlich äußerte sich der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un.

Frankreichs Chef-Diplomat Jean-Noël Barrot bekräftigte beim Treffen der EU-Außenminister in Brüssel die Offenheit seines Landes, der Ukraine den Einsatz weitreichender Waffen gegen Russland zu erlauben. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte bereits im Mai als erster Staatschef eines führenden Nato-Staats den Einsatz westlicher Waffen gegen Stellungen in Russland öffentlich befürwortet.

Der italienische Außenminister Antonio Tajani betonte dagegen, die von Italien an die Ukraine gelieferten Waffen dürften weiterhin ausschließlich auf ukrainischem Gebiet eingesetzt werden.

Debatte auch in Deutschland

Die mit der SPD nach dem Bruch der Ampelkoalition weiter regierenden Grünen drängten Scholz jedoch zu einem Kurswechsel bei Taurus: „Deutschland sollte sich den USA anschließen und Taurus liefern“, sagte die Grünen-Verteidigungspolitikerin Sara Nanni der . Auch Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck hatte bereits angekündigt, dass er im Fall einer Wahl zum Regierungschef Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern würde.

Auch der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Link forderte die Taurus-Lieferung. „Damit könnte die Ukraine russische Nachschublinien und Raketenstellungen zerstören“, sagte er. Solange Russlands Präsident Wladimir Putin davon ausgehen könne, „dass er auf dem Schlachtfeld weiter schrittweise die Oberhand erlangt, wird er nicht zu ernsthaften Verhandlungen bereit sein.“ Die Ukraine müsse deshalb die notwendigen Mittel zu ihrer Verteidigung bekommen.

Der Unions-Verteidigungspolitiker Johann Wadephul (CDU) verwies darauf, dass Scholz bisher Entscheidungen zu deutschen Waffensystemen immer in enger Abstimmung mit US-Präsident Joe Biden getroffen habe. „In der Logik der bisherigen Argumentation des Kanzlers müsste er Biden jetzt durch eine entsprechende Freigabe deutscher Waffen folgen“, sagte er der . „Doch Scholz scheint sich als vermeintlicher ‚Friedenskanzler‘ auf Kosten der Ukraine inszenieren zu wollen.“

Der Linke-Vorsitzende Jan van Aken forderte Diplomatie statt Diskussionen über Waffenlieferungen. Dies sei auch gerade mit Blick auf einen möglichen Strategiewechsel der USA bei der Ukrainehilfe unter dem nächsten Präsidenten Donald Trump geraten, sagte er.

Deutschland will Drohnen liefern

Liefern will Deutschland nun 4.000 durch künstliche Intelligenz (KI) gesteuerte Drohnen, wie Pistorius bestätigte. Diese könnten „die gegnerische elektronische Drohnenabwehr gewissermaßen außer Funktion setzen, umfliegen“, sagte er. Sie seien in der Lage, „30, 40 Kilometer ins Hinterland zu wirken und dann insbesondere Gefechtsstände, logistische Knoten und anderes anzugreifen.“ Dies sei „ein wichtiges zusätzliches Asset für ukrainische Streitkräfte.“

Diese auch „Mini-Taurus“ genannten Drohnen haben laut -Zeitung eine bis zu viermal höhere Reichweite als herkömmliche Kamikaze-Drohnen der ukrainischen Armee. Demnach hatte das deutsche Software-Unternehmen Helsing im September einen Vertrag über 4.000 sogenannte Strike-Drohnen mit dem ukrainischen Verteidigungsministerium abgeschlossen. Finanziert werde das Projekt durch die Ertüchtigungsinitiative der Bundesregierung.

Ukrainische Soldaten waren Anfang August überraschend nach Kursk vorgestoßen und halten dort seither Gebiete. Nun zeichnet sich eine Gegenoffensive der russischen Truppen ab, um die ukrainischen Truppen wieder zurückzudrängen. Die Regierung in Kyjiw versucht, die Gebiete weiter zu halten, um sie in künftigen Verhandlungen mit Russland als Druckmittel zu nutzen.

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