Sie sagen es nicht offen, aber hinter vorgehaltener Hand hört man es im ukrainischen Präsidialamt sehr deutlich: Wolodymyr Selenskyj hofft auf einen Machtwechsel in Deutschland, damit seine Forderungen ans Kanzleramt nach Taurus-Raketen und weitreichender Waffenunterstützung doch noch erfüllt werden!

Beim Termin mit dem CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz nahm er sich deshalb besonders viel Zeit, sprach intensiv über das Treffen mit Emmanuel Macron (46) und Donald Trump (78) in Paris am Samstag und seine Wünsche an Deutschland.

Selenskyj zu Merz: „Wir zählen auf stärkere, entschlossenere Taten Deutschlands, von Ihnen persönlich. Wir verlassen uns sehr darauf.“ Sein Land brauche Sicherheitsgarantien nicht nur durch die Nato, sondern auch durch die europäischen Länder. Er forderte erneut eine offizielle Einladung in die Nato.

Merz ging darauf nicht direkt ein, aber seine Botschaft in Richtung Selenskyj war klar: Er würde als Kanzler mehr tun für die Ukraine!

Allerdings bleibt die Frage: Was bedeutet das wirklich? Den Ukrainern fehlt es nicht nur an Waffen, sondern vor allem auch an Soldaten. Es ist völlig offen, wie viel Auswirkung zum Beispiel Taurus-Marschflugkörper hätten. Kriegsentscheidend wären einzelne Waffensysteme kaum. Für die Ukrainer kommt es bei Verhandlungen auch darauf an, welche Sicherheiten die westlichen Staaten geben würden. Da hält sich Merz noch zurück.

Für Merz war der Ukraine-Besuch Chance und Risiko zugleich: Die Stimmung ist auch in Deutschland zum Teil gekippt, seine klare Haltung könnte ihn insbesondere im Osten Stimmen kosten.

Gleichzeitig hat er aber bewiesen, dass er seine Haltung auch als möglicher Kanzler nicht ändern, sondern seinen Kurs halten will. Das wiederum hilft ihm bei Kritikern des Kurses von Scholz.