Der aufgedeckte Wahlbetrug in Dresden ist womöglich noch viel größer als zunächst angenommen. Der Staatsschutz ermittelt und nun prüft auch der Landeswahlleiter.

Gestern war bekannt geworden, dass in zwei Dresdner Wahlbezirken im Norden der Stadt bei zunächst 100 Briefwahldokumenten die ursprünglichen Kreuze überklebt und die Stimmen zugunsten der rechtsextremen Freien Sachsen gefälscht wurden.

Die Stadt Dresden stellte inzwischen Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Wahlbetrug. Der Staatsschutz ermittelt.

Wie BILD erfuhr, seien die Kreuze – meist jene für den CDU-Politiker Christian Hartmann (49) – „ganz dünn und sehr professionell überklebt worden, sodass man es kaum sehen konnte“. Profiteur des Betruges ist Freie-Sachsen-Kandidat Dietmar Grahl, einst Dresdner Kreischef der Neonazi-Truppe NPD.

Wahlhelfer hätten dies anfangs nicht erkannt, wenn sie die Wahlzettel in der Hand hatten. Die neuen Kreuze bei der Erst- und Zweitstimme des Freie-Sachsen-Kandidaten seien äußerst professionell gefälscht worden, hieß es.

Da es sich bei den geklauten Stimmen laut BILD-Informationen ausschließlich um Briefwahlunterlagen aus Dresden-Langebrück handelt, geraten Mitarbeiter zweier Altenheime und Postboten als mögliche Urheber in den Fokus der Ermittler.

Betrugsverdacht jetzt in ganz Sachsen

Und die Sache zieht weiter Kreise. Auch der Landeswahlleiter ist inzwischen aktiv geworden. Demnach würden jetzt alle Wahlbezirke überprüft, in denen die Freie-Sachsen-Kandidaten überproportional viele Stimmen holten. Nach BILD-Informationen gibt es bereits erste Hinweise, dass der Betrug auch in anderen Wahlkreisen stattgefunden hat.

„Das kann noch mal heiß werden“, sagte ein Ermittler zu BILD. Sollten auch in anderen Wahlbezirken entsprechende Betrügereien aufgedeckt werden, könnte dies etwa für die FDP dramatische Folgen haben. Den Liberalen fehlen nämlich nur einige Dutzend Stimmen bis zur 1-Prozent-Marke, die für die Erstattung von Wahlkampfkosten wichtig ist.

Aktuell beraten Vertreter des zuständigen Innenministeriums und des Landeswahlleiters über das weitere Verfahren. Bis dahin allerdings ist die Wahl zumindest im Dresdner Norden ungültig. Nach der Rechenpanne zur Sitzverteilung im neuen Landtag ist der Dresdner Wahlbetrug bereits der zweite schwerwiegende Zwischenfall bei der sächsischen Landtagswahl.