Dass Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (66, SPD) den Parteivorsitz und auch den Posten als Regierungschef an Wirtschaftsminister Olaf Lies (57) übergeben wird, kam nicht unerwartet. Der Zeitpunkt jedoch überrascht viele Beobachter – und vor allem das Tempo.
Denn Lies soll bereits in der nächsten Landtagssitzung am 20. Mai zum neuen Ministerpräsidenten von Niedersachsen gewählt werden. Dafür veranstaltet die SPD am 16. Mai einen außerordentlichen Parteitag. Dort soll der Friese als Weils Nachfolger in der Staatskanzlei gekürt werden.
Gerüchte über den geordneten Übergang gab es seit Wochen. Nicht nur viele Genossen hatten erwartet, dass Weil zunächst beim ordentlichen Landesparteitag am 24. Mai in Wolfenbüttel den Parteivorsitz räumt – mindestens aber bis zum Herbst Ministerpräsident bleibt. Gewählt ist er bis zur nächsten Landtagswahl 2027.
Seinen Rückzug begründete Weil mit „persönlichen Gründen“. Er sei 66 Jahre – „und ich merke das auch“. Wie viele andere Menschen leide er unter Schlafstörungen, die „hoch angespannte Arbeit“ über 20 Jahren habe ihre Spuren hinterlassen.
„Ich habe immer sehr gerne Wahlkämpfe bestritten“, betonte er. Aber: „Ich habe insbesondere den letzten Bundestagswahlkampf als anstrengend empfunden.“ In jeden Wahlkreis war er gereist, um die Kandidaten vor Ort zu unterstützen. Schon im nächsten Jahr steht mit den Kommunalwahlen in Niedersachsen der nächste Urnengang an.
Den Wahlkampf soll nun Olaf Lies als nächster MP anführen. Seine Wahl im Landtag durch die rot-grüne Mehrheit gilt als sicher. Sicher ist auch, dass er seinen Staatssekretär Frank Doods (63) aus dem Wirtschaftsministerium als Chef der Staatskanzlei mitnehmen wird. Das bestätigt eine Regierungssprecherin.
Unklar ist indes, wer neuer Wirtschaftsminister wird. Mit MP Weil verlässt ein Mitglied des SPD-Bezirks Hannover das Kabinett. Deshalb müsste nach der parteiinternen Logik ein Mitglied aus dem Bezirk in die Regierung aufrücken. Neben Hannover gibt es noch die SPD-Bezirke Braunschweig, Weser-Ems und Nord.
Ein Kandidat: Fraktionschef und Ex-Kultusminister Grant Hendrik Tonne (48). Der Nienburger gehört dem Bezirk Hannover an. Das gilt auch für den Bundestagsabgeordneten und SPD-Generalsekretär Matthias Miersch (56), der sogar Vorsitzender des SPD-Bezirks ist.
Sein Wechsel aus Berlin in die Heimat gilt in der Partei allerdings als unwahrscheinlich.