Der Wahlkampf auf den Zielgraden! Im ZDF hatten am Abend die Wähler das Wort: Mehr als zwei Stunden lang befragten Zuschauer die vier Kanzlerkandidaten von SPD, Union, Grünen und AfD.

Olaf Scholz

Der Kanzler trat selbstsicher auf. Schuld für nicht eingelöste Wahlversprechen gab er anderen. Zum Beispiel beim verfehlten Ziel von 400.000 neuen Wohnungen im Jahr: Ukraine-Krieg, die hohen Zinsen …

Zum Anschlag von München spulte Scholz die bekannten Sätze ab: Ausländische Straftäter müssten konsequent verfolgt, bestraft und abgeschoben werden. „Das wird auch mit diesem Täter passieren.“

Alles schon zigmal gehört …

Scholz erklärte erneut, seine Regierung habe viel gegen illegale Migration getan, u.a. neue Migrationsabkommen, neues EU-Asylsystem GEAS. Dass GEAS erst Mitte 2026 in Kraft tritt und von Experten als kaum wirksam bezeichnet wird, verschwieg der Kanzler.

Leider kein Thema: der „Hofnarr“-Eklat um den CDU-Politiker Joe Chialo.

Robert Habeck

Der Grünen-Kanzlerkandidat trat trotz schlechter Umfragewerte (Kanzlerschaft quasi ausgeschlossen) und Wirtschaftsdaten (es droht das 3. Jahr Rezession) gut gelaunt auf. Er gab sogar einen Fehler zu: das Ende der E-Auto-Kaufprämie.

Für so viel Offenheit gab es Applaus von den Zuschauern.

Habeck warnte vor einem „perfekten Sturm“ für die deutsche Wirtschaft, warb für eine staatliche Investitionsprämie für Firmen. Beim umstrittenen Bürgergeld lehnte er Änderungen ab. Stattdessen müsse der Mindestlohn auf 15 Euro steigen, so Habeck.

Alice Weidel

Die AfD-Chefin legte keinen souveränen Auftritt hin. Mehrmals giftete sie gegen die Zuschauer („Ach, das neutrale Publikum …“), herrschte einen Zuschauer sogar an: „Sie hören mir nicht zu!“ Das wirkte unsympathisch, die mehrfachen Lachanfälle wirkten arrogant.

Immer wieder wurde Weidel zur Migration befragt, kam bei ihren Erläuterungen mal belehrend, mal unnatürlich freundlich rüber.

Friedrich Merz

Der CDU-Kanzlerkandidat kam als letzter dran, trat souverän auf. Beim Thema Wärmepumpen lieferte sich Merz ein Wortgefecht mit einem Wärmepumpen-Unternehmer im Publikum.

Merz erteilte einer Koalition mit der AfD erneut eine klare Absage. Er herrscht Weidel an: „Wir haben nur eine Entscheidung fest getroffen: mit Ihnen nicht!“

Fazit: fast zweieinhalb Stunden netter Plausch. Harmlose Fragen, wenig kritisches Nachhaken, gut gelaunte Kandidaten, bekannte Antworten. Am Ende: kaum neue Erkenntnisse.