In Sachsen-Anhalt gibt es jedes Jahr bis zu 1000 Beschwerden über Polizeibeamte. Künftig geht nicht mehr die Beschwerdestelle der Polizei allen Vorwürfen nach, sondern ein Polizeibeauftragter, dem die Innenministerin keine Vorschriften machen darf.
Die Vorlage zur „Bestellung einer/eines Polizeibeauftragten des Landes Sachsen-Anhalt“ und die dafür nötige Verwaltungsvereinbarung zwischen Staatskanzlei und Innenministerium stehen am Dienstag auf der Tagesordnung der Kabinettssitzung.
▶︎ Der oder die Beauftragte wird mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet und darf vom Innenministerium, allen Polizeidienststellen und den von einer Beschwerde betroffenen Beamten Stellungnahmen abfordern.
▶︎ Der Beauftragte darf, soweit es für die Prüfung der Vorwürfe erforderlich ist, Polizisten befragen.
▶︎ Außerdem darf der Beauftragten alle Akten und Unterlagen anfordern und einsehen, die im Zusammenhang mit einer Beschwerde stehen.
„Wir setzten mit der Installation eines Polizeibeauftragten das um, was wir in der Koalition vereinbart haben“, sagt Rüdiger Erben (57), innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, zu BILD.
„Die Konstruktion ist das, was ohne eine Verfassungsänderung möglich ist“, sagt Erben über den Inhalt der Vorlage. Deswegen wird der neue Beauftragte zwar im Ministerium für Inneres angesiedelt und unterliegt auch der Dienstaufsicht des Ministeriums, sein Ansprechpartner ist aber stets Ministerpräsident Reiner Haseloff (70, CDU).
Keine Hinweise auf rassistische Chat-Gruppe
Der Polizeibeauftragte bekommt das Recht, alles direkt mit dem Regierungschef zu klären. Das macht ihn unabhängiger. Und Polizisten – so die Hoffnung – fällt es künftig leichter, Hinweise zu geben, wenn in ihrer Dienststelle etwas nicht richtig läuft.
Bei einer 2023 aufgeflogenen rassistischen Chat-Gruppe von Polizeischülern war das nicht der Fall. Die Gewerkschaft der Polizei kritisierte damals, dass sich offensichtlich niemand getraut hatte, dem Innenministerium oder der Beschwerdestelle einen Hinweis zu geben.
„Der Beauftragte ist kein Ausdruck des Misstrauens gegenüber der Polizei“, versichert SPD-Innenexperte Erben. „Er ist Mittler zwischen Bürgern und Polizei.“