In Georgien protestiert die Opposition, Tausende gehen in der Hauptstadt Tiflis auf die Straßen. Ihr Vorwurf: Die Parlamentswahlen wurden von Russland manipuliert.
Präsidentin Salome Zurabishvili (72) rief ihr eigenes Volk zum Protest auf. Sie erkennt die Wahlergebnisse nicht an, die Wahl sei Opfer einer „russischen Spezialoperation“ geworden, nachdem die Partei „Georgischer Traum“ des von Russland gesteuerten Milliardärs Bidsina Iwanischwili (68) zum Wahlsieger erklärt wurde.
Die proeuropäische Opposition will beweisen, wie die Wahl gefälscht wurde:
▶︎ Besetzung der Wahlkommissionen mit parteinahen Personen, deren Angehörigen und nahestehenden Personen
▶︎ systematischer Druck auf Beamte und sozial schwache Gruppen
▶︎ systematische Bestechung, Geldverteilung
▶︎ Manipulation von Ausweisen
Der Anführer der oppositionellen Partei „Für Georgien“ Giorgi Gakharia (49) schließt sich der Aktion in der Hauptstadt Georgiens an – er attackiert den pro-russischen Wahlsieger: „Iwanischwili hat dem georgischen Volk die Wahl gestohlen, um sein Milliardengeschäft zu retten …“
Präsidentin Zurabishvili sagte am Montagabend in Richtung der Demonstranten: „Ihr habt die Wahl nicht verloren. Sie haben eure Stimme gestohlen und versucht, eure Zukunft zu stehlen.“
Die pro-europäischen Parteien, die die 5-Prozent-Hürde überwunden haben, wollen aus Protest nicht in das Parlament einziehen.
BILD ist vor Ort und hat mit den Demonstranten gesprochen.
Elguja (47, Ökonom): „Die Revolution ist unvermeidbar. Die Regierungspartei wird nicht gehen und den Wahlbetrug akzeptieren. (…) Ich habe Folgendes beobachtet: Manipulation mit persönlichen Nummern/Personalausweisnummer, Erpressung. Ich habe selbst gesehen, dass Menschen mit Geld bestochen wurden. Die Polizei ist gekauft. Es war ein systematischer Betrug.“
Tengiz Lochoshvili (21, Student): „Die Wahlen sind manipuliert, was Oligarch Bidzina Ivanishvili getan hat, ist absurd. Deshalb muss die 12-jährige Diktatur enden und der Wahnsinn, den er in diesem Land für seine persönlichen Interessen und Geschäfte betreibt, muss gestoppt werden. Die bisherigen Aktionen haben gezeigt, dass wir zwei Monate lang unermüdlich draußen gestanden haben, wir werden jetzt nicht aufhören, wir haben vor nichts Angst, nicht einmal vor Wasserwerfern, Gummigeschossen und Tränengas.“
Davit Saralidze (20, Student): „Die Wahlen vom 26. Oktober waren die letzte Hoffnung des georgischen Volkes und Iwanischwili hat sie uns genommen. Wir werden das nicht dulden und bis zum Ende kämpfen. Wir wollen der ganzen Welt zeigen, dass diese Regierung für uns inakzeptabel ist, wir haben eine andere Entscheidung getroffen und sind zu einem anderen Ergebnis gekommen.“
Tata Samushia (17, Schülerin): „Jetzt steht Georgien vor der Gefahr, seine europäische Zukunft zu verlieren. Überall dort, wo sie nicht hinkamen, nämlich ins Ausland und es fair ablief, haben sie überall verloren und die europäische Zukunft hat dort gewonnen… Es ist unmöglich, dass mehr als eine Million Menschen in Georgien Russland wollen. Das georgische Schiff ist auf dem Weg zur Europäischen Union, der Oligarch wird es nach Russland bringen, also müssen wir es irgendwie in Richtung der Europäischen Union lenken. Das ist die Hauptaufgabe unserer Jugend.“
Politikwissenschaftler Prof. Kornely Kakachia (Ivane Javakhishvili Tbilisi State University, Georgien) zu BILD: „In der Geschichte der unabhängigen Republik Georgien gab es selten eine so umstrittene Wahl. Alle internationalen Beobachter weisen darauf hin, dass diese Wahl nicht fair verläuft. Das heißt, die Bevölkerung hatte nicht die Möglichkeit, eine wirklich freie Entscheidung zu treffen.“
Kakachia weiter: „Die internationale Reaktion darauf zeigt sich deutlich in der Liste der Gratulanten zum Wahlsieg des ‚Georgischen Traums‘ – darunter die Präsidenten Aserbaidschans, Armeniens und Russlands sowie der ungarische Ministerpräsident Orban. Alle anderen stellen dagegen das Wahlergebnis in Frage.“