Bewegende Momente im Friedenssaal des historischen Rathauses von Münster: Am Morgen ehrte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (69) hier die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer mit dem „Sonderpreis des Internationalen Preises des Westfälischen Friedens“ für ihr Lebenswerk – und ihr rastloses Auftreten gegen das Vergessen.

Steinmeier betrat den Saal um 10 Uhr gemeinsam mit Margot Friedländer, die etwa 400 Gäste erhoben sich von ihren Plätzen, um zu applaudieren. Reinhard Zinnkann, der Vorsitzende der ausrichtenden Wirtschaftlichen Gesellschaft für Westfalen und Lippe, würdigte Friedländer als „lebendes Mahnmal gegen das Vergessen“.

Steinmeier hob Lebensstil und Haltung Margot Friedländers hervor, ihre innere Festigkeit und Güte. Große Trauer und großer Schmerz seien bei ihr in eine Gabe verwandelt worden.

Steinmeier: „Gott hat etwas mit Ihnen vorgehabt – auch Ihrer Mitmenschen willen.“

„Verantwortung kennt keinen Schluss-Strich“

Friedländer engagiere sich gegen das Vergessen, für Menschlichkeit und Toleranz, mit „einer scheinbar unerschöpflichen Energie und einer nie versiegenden Zuversicht“, so Steinmeier weiter. Er gab Friedländer das Versprechen: „Wir werden die Demokratie gegen ihre Verächter und Feinde verteidigen. Verantwortung kennt keinen Schluss-Strich.“

Die 103-Jährige bedankte sich für die Auszeichnung: „Es bedeutet mir sehr viel, diese besondere Auszeichnung zu erhalten. Vielen, vielen Dank!“ Sie spreche hier nicht für die sechs Millionen, die man unschuldig umgebracht hat, sondern für alle Menschen, die ermordet wurden, weil Menschen sie nicht als Menschen respektiert haben.

Friedländer: „Das, was damals geschehen ist, darf nie, nie wieder geschehen.“

Einzige Überlebende ihrer Familie

Die 1921 in Berlin geborene Friedländer überlebte als einzige ihrer Familie den Holocaust. Ihr Vater starb 1942 in einem Vernichtungslager, Mutter und Bruder wurden im KZ Auschwitz ermordet. Margot Friedländer selbst wurde 1944 nach Theresienstadt deportiert, überlebte den Holocaust als einzige in ihrer direkten Familie.

Nach mehr als 60 Jahren im New Yorker Exil kehrte sie mit 88 Jahren nach Berlin zurück, nahm wieder die deutsche Staatsbürgerschaft an. Für ihre Botschaft brauche sie nicht viele Worte: „Wir sind alle gleich, seid Mensch!“

Die Ehrung ist Teil der Westfälischen Friedenskonferenz, zu der 400 Gäste in Münster erwartet wurden. Am Verhandlungsort des Westfälischen Friedens (1648) ging es auch heute wieder um Krieg und Frieden – um das Auseinanderdriften der USA und Europas sowie die militärischen und wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine.

Zuletzt wurde der Westfälische Friedenspreis 2024 an den französischen Präsidenten Emmanuel Macron (47) verliehen.