In seiner ersten Talkshow nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen hat CDU-Chef Friedrich Merz die von der SPD bis zuletzt immer wieder ins Spiel gebrachten Steuererhöhungen erneut zurückgewiesen – aber eine Hintertür offen gelassen.
Über die letzten Versuche der SPD vom Montag berichtete Merz jetzt bei ARD-Talkerin Caren Miosga (56): „Wir hatten über das Wochenende die Entscheidungen aus Washington gesehen mit den Zöllen. Massive Reaktionen in allen Märkten, auch in der Industrie große Verunsicherung.“
Sein Basta: „Ich habe dann an dem Montagmorgen gesagt: Mit dieser Lage bin ich nicht bereit, jetzt noch über Steuererhöhungen zu diskutieren. Das muss jetzt hier beendet werden, und das haben wir dann auch beendet.“
Miosga: „Sie sollen sogar gedroht haben, zum Bundespräsidenten zu fahren und zu sagen, das scheitert jetzt hier gleich?“
Merz: „Nein. Ich habe gesagt, ich werde keinen Koalitionsvertrag mit Steuererhöhungen unterschreiben, weil das nun wirklich nicht in die Landschaft passt.“
Man müsse im Gegenteil dafür sorgen, dass sowohl die privaten Haushalte als auch die Unternehmen in Deutschland entlastet werden: „Das ist schwer genug, aber sie noch zusätzlich zu belasten, das war mit uns nicht zu machen.“
Merz: „Man soll nie ‚nie‘ sagen“
Die Talkmasterin noch einmal: „Und das bleibt auch so? Unter Ihrer Kanzlerschaft wird es keine Steuererhöhungen geben?“
Merz: „Man soll nie ‚nie‘ sagen. Wir wissen nicht, was auf dieser Welt noch passiert. Ich denke, wir werden die Krise als das neue Normale erleben. Insofern müssen wir jetzt mal anfangen, gut zu regieren. Und es muss in Deutschland besser regiert werden als in der Vergangenheit.“
Heißt: In einer Zeit von zunehmenden Krisen sind auch Steuererhöhungen nicht mehr ausgeschlossen!
Über den Jubel in der SPD über sieben Ministerien trotz Wahlschlappe urteilte Merz: „Wir waren ja auch nicht die Softies. Die Bildung einer Koalition ist kein Abzählreim, wo wir jetzt Hütchen spielen. Die Union hat zehn (Ministerien) und den Bundeskanzler!“
Merz geht auf Merkel los
Danach spielte Miosga ihm ein Statement von Altbundeskanzlerin Angela Merkel (70, CDU) vor, die am Donnerstag im ZDF über die illegale Migration sagte: „Im Koalitionsvertrag steht, dass in Absprache mit unseren Nachbarn Zurückweisungen möglich sind. Das ist genau das, was ich immer wollte.“
Miosga dazu: „Führen Sie also Merkels Politik fort?“
Merz: „Das ist eine etwas beschönigende Rückschau auf das, was Angela Merkel immer wollte. Im Oktober 2017 hat es aus dem Innenministerium und aus dem Justizministerium einen entsprechenden Vermerk gegeben, das zu tun, was wir jetzt im Koalitionsvertrag verabredet haben, nämlich Zurückweisungen, und das ist damals vom Kanzleramt harsch abgelehnt worden.“
Merz noch präziser: „Horst Seehofer hat das damals gewollt, und das Kanzleramt hat das abgelehnt. Also ich freue mich, wenn Angela Merkel jetzt aus der Rückschau die Dinge etwas positiver sieht als sie tatsächlich waren. Es sei ihr herzlich gegönnt. Wir machen’s jetzt.“
Merz über russische Angriffe: „Das ist an Perfidie nicht mehr zu überbieten“
Sichtlich empört reagierte Merz auf den grausamen Raketeneinschlag in Sumy: „Der zweite Angriff kam, als die Helfer sich um die Opfer bemühten. Das ist an Perfidie nicht mehr zu überbieten. Das ist ein schweres Kriegsverbrechen. Offensichtlich interpretiert Putin unsere Bereitschaft, mit ihm zu reden, als Schwäche.“
Seine Hoffnung: „Die ukrainische Armee muss aus der Defensive herauskommen. Zum Beispiel, indem die wichtigste Landverbindung zwischen Russland und der Krim zerstört wird. Auf der Krim, wo der größte Teil des Nachschubs für die russischen Armee liegt.“
Zum „Taurus“ sagte Merz: „Das muss abgestimmt werden, und wenn es abgestimmt wird, sollte Deutschland sich daran beteiligen.“