Literaturhaus-Chef wegen Ausladung von Michel Friedman freigestellt

Nach der Absage eines Auftritts des Publizisten Michel Friedman in Klütz in Mecklenburg-Vorpommern trennt sich die Stadt von Oliver Hintz, dem Leiter des dortigen Literaturhauses. Wie aus einer gemeinsamen Erklärung der Stadtvertretung und des
Vorstandes des Fördervereins hervorgeht, wurde Hintz mit sofortiger
Wirkung von seinen Aufgaben freigestellt.

Der jüdische Publizist Friedman war von Hintz für das kommende Jahr zu
einer Lesung im Rahmen der Hannah-Arendt-Woche 2026 eingeladen worden. Die Einladung wurde Hintz
zufolge dann aber auf Druck von Bürgermeister Jürgen Mevius
(Unabhängige Wählergemeinschaft, UWG) wieder zurückgenommen. Nach bundesweiter Kritik hatte Mevius Ende September seinen Rücktritt angekündigt

Über die genauen Gründe, die zu der Ausladung geführt haben, gibt es widersprüchliche Darstellungen. Hintz begründete die Absage mit einem Anruf von
Mevius. Demnach hatte sich die Mehrheit
eines städtischen Gremiums gegen eine Lesung von Friedman ausgesprochen, mit der Begründung, man habe Sorge, dass rechte Störer oder Hamas-Sympathisanten nach Klütz
kommen und demonstrieren könnten. Mevius widersprach dieser Darstellung
und gab stattdessen zu hohe Kosten für Friedmans Honorar und
Übernachtung als Grund an.

„Nachhaltig gestörtes Vertrauensverhältnis“

Aufgrund „des nachhaltig gestörten
Vertrauensverhältnisses“ sei ein Neustart auf der Leitungsebene des Literaturhauses notwendig, heißt es in dem Schreiben der Stadt und des Fördervereins. Die
formelle Entscheidung, den bis Jahresende gültigen Vertrag nicht zu
erneuern, obliege der Stadtvertretung auf ihrer nächsten Sitzung, die
aller Voraussicht nach Ende Oktober stattfinden werde.

Friedmans Ausladung hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Der
Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte, ein
vorauseilendes Zurückweichen staatlicher Stellen vor Demokratiefeinden
richte sich gegen die grundlegenden Werte unserer Gesellschaft. Dabei
sei es unerheblich, dass der betroffene Redner Michel Friedman jüdischen Glaubens ist. 

Friedman selbst reagierte auf die Ausladung mit einem Besuch. Er nahm Ende September an einer von der Autorenvereinigung PEN organisierten Kundgebung in Klütz teil. Dabei sagte Friedman, dass es nicht sein könne, dass ein Bürgermeister sich in die Programmplanung eines Literaturhauses einmische. Auch Oliver Hintz kam bei dieser Veranstaltung zu Wort.

Mehr lesen
by Author
Man malt sich schon wieder den Charakter des nächsten Migrationsstreits aus: schematisch,…