Wahl-Krimi in Thüringen!

Nach aktuellen Hochrechnungen wären drei Koalitionen mit einer Mehrheit möglich – doch von denen wollen die Parteien nichts wissen.

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► BSW und AfD könnten gemeinsame Sache machen, kämen zusammen in Thüringen auf 46 Sitze. Doch BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht (55) will keine Regierungskoalition mit den Rechtsaußen – zumindest nicht in Thüringen unter einem Ministerpräsidenten Höcke.

► Alternativ hätte eine Koalition aus CDU, BSW und Linke eine Mehrheit. Außerdem ein Bündnis von AfD und CDU.

ABER: Sowohl gegen die AfD als auch die Linke hat die CDU einen Unvereinbarkeitsbeschluss gefasst. Heißt: KEINE Koalitionsbildung mit diesen beiden Parteien.

Höcke will regieren, aber keiner will mit ihm

AfD-Wahlsieger Björn Höcke (52) will regieren, kündigte an, zu Sondierungsgesprächen einzuladen. Rückendeckung erhielt er von AfD-Chefin Alice Weidel (45). Sie sagte bei WELT TV, der Wählerwille dürfe nicht ignoriert werden.

In derselben Sendung konterte CDU-Politiker Jens Spahn (44): „Jeder Wähler der AfD hat gewusst, als er sie gewählt hat, dass sie nicht regieren wird. (…) Es war klar, dass sie keinen Koalitionspartner bekommen wird. Das haben alle anderen Parteien gesagt.“

Das belegen auch Umfragen: Die Mehrheit der Befragten in Thüringen will nicht, dass die AfD mitregiert. Darunter auch AfD-Wähler!

Linke signalisiert mögliche Tolerierung

In Thüringen läuft ein Wahl-Krimi, inklusive Patt-Situation. Denn wenn die CDU regieren will, müsste sie in jedem Fall eine ihrer Brandmauern einreißen.

Am späteren Abend signalisiert die Linke plötzlich einen Ausweg! Die Tolerierung einer Minderheitsregierung.

Sollte ein mögliches Bündnis aus CDU, BSW und SPD keine parlamentarische Mehrheit erhalten, ist demnach eine Tolerierung einer solchen Koalition nicht ausgeschlossen. „Wenn das so wäre, muss man wirklich alle Optionen auf den Tisch legen“, sagte der Co-Vorsitzende der Thüringer Linken, Christian Schaft, der Deutschen Presse-Agentur. „Wir wollen Stabilität.“

Das Problem aber bleibt: Die CDU hat per Beschluss eine Zusammenarbeit mit der Linken ausgeschlossen.

Ein anderer möglicher Strohhalm: Gäbe es einen Überläufer von den Linken zum BSW, könnten sich die Mehrheitsverhältnisse womöglich noch einmal verändern.

BSW werde sich „natürlich“ die AfD-Anträge anschauen

Und Wagenknecht?

Sie sagte in der ARD: „Wir haben immer gesagt, mit Herrn Höcke können wir nicht zusammenarbeiten. Er vertritt ein völkisches Weltbild. Das ist meilenweit von uns entfernt.“

Angesprochen darauf, dass sie früher doch gesagt habe, dass sie sich eine andere Form der Zusammenarbeit mit der AfD vorstellen könnte, entgegnet Wagenknecht nun: „Ich habe gesagt, dass die bisherige hysterische Art und Weise mit der AfD umzugehen, die AfD erkennbar immer stärker gemacht hat.“

So werde sich das BSW „natürlich“ die Anträge der AfD anschauen. In einer Demokratie sollte jede Partei, die Anträge einbringt, „normale Verfahren erwarten“. Das bedeute, dass „am Ende immer entschieden wird, ob der Antrag richtig oder falsch ist.“

Sollte die Höcke-AfD einmal etwas Unterstützenswertes durchsetzen, „zum Beispiel, wenn ein Krankenhaus geschlossen werden soll und ein Antrag es retten will“, dann könne der BSW natürlich „einem solchen Antrag zustimmen“, so die Linken-Abtrünnige.

Wagenknecht: „Das hat die CDU ja in der Vergangenheit bereits auch getan, sie hat ja auch Gesetze mit der AfD gemacht. So neu ist das gar nicht, nur man will uns hier in eine Ecke stellen und diskreditieren. Aber die Wähler haben sich zum Glück nicht beeindrucken lassen.“

AfD-Chef Höcke zürnte wegen „dämlichem Brandmauergerede“

AfD-Chef Höcke zürnte und warnte vor „dämlichem Brandmauergerede“, das die Menschen nicht mehr ertragen könnten: „Wer stabile Verhältnisse will, muss die stärkste Kraft integrieren.“

Er will nun seinerseits selbst zu Koalitionsgesprächen einladen. Wenn auch ohne Aussicht auf Erfolg: CDU-Chef Mario Voigt entgegnete, es bleibe bei seinem Nein zu Bündnissen mit der AfD.

In Sachsen hingegen könnte es nach Lage der Hochrechnungen auch für eine Neuauflage seiner Kenia-Koalition mit Grünen und SPD reichen. Dann würde Wagenknechts Formation nicht gebraucht.

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