Die alltägliche Gewalt an unseren Schulen erreicht immer neue, erschreckende Ausmaße: So gaben zwölf Prozent der Viertklässler an Grundschulen an, dass sie mindestens einmal in der Woche geschlagen werden. Schüler attackieren aber auch Lehrer – auch die Eltern werden öfter handgreiflich. Deshalb wurde in NRW jetzt ein Leitfaden zu „Gewalterfahrungen an Schulen“ für Lehrer und Schulpersonal herausgegeben.

In dem 15-Seiten-Papier heißt es einleitend: „Schulen sind (…) ein Spiegel der Gesellschaft und so erleben wir leider seit Jahren zunehmende Gewalterfahrungen von Lehrkräften und allen übrigen an Schulen Beschäftigten.“ Auch das Thema Cybermobbing nimmt breiten Raum ein.

Details aus dem Leitfaden „Sicher handeln bei Gewalterfahrungen von Beschäftigten an Schulen“ aus dem Ministerium von Dorothee Feller (CDU):

► Die Auflistung der Delikte, die sich täglich gegen Lehrer richten können, liest sich wie der Beipackzettel aus einem Kriminalitäts-Hotspot: gefährliche Körperverletzung, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Bedrohung oder Nötigung, Sachbeschädigung, Cybercrime.

► Von Gewalt und Mobbing betroffene Lehrer seien „verständlicherweise häufig verunsichert und müssen das Erlebte verarbeiten.“ Psychische Erste Hilfe nach einem Gewalterlebnis steht deshalb im Vordergrund. Dazu die dringenden Empfehlungen: „Nehmen Sie sich Zeit und kümmern Sie sich um sich! Beobachten Sie sich selbst achtsam! Nehmen Sie fremde Hilfe an!“

„Entfernen Sie sich aus der Gefahrenzone“

► Zur akuten Gefahrenabwehr wird den Pädagogen empfohlen, sich erst mit „Halt, Stopp“-Rufen und einer „energischen Körpersprache“ in Position zu bringen. Wichtig auch: Verbal auf sich aufmerksam machen, damit andere – auch Schüler – in die Situation eingreifen können.

► Unter „Schritt“ heißt es: „Entfernen Sie sich aus der Gefahrenzone.“ Und bei „Handlungsempfehlung“ steht: „Verlassen Sie das Gesichtsfeld des Angreifers, provozieren Sie nicht und vermeiden Sie jede Eskalation.“

Das heißt: Lehrer sollen vor gewalttätigen Schülern oder Eltern fliehen!

Besonders das Thema „Cybermobbing“ wird vertieft dargestellt. Lehrer sind demnach der ständigen Gefahr ausgesetzt, im Netz beleidigt oder verleumdet zu werden. Auch das Bloßstellen „durch peinliche oder private Fotos“ kommt vor, zudem Fälle von Bedrohung.

Auch Eltern werden gewalttätig

Die Gewalt an Schulen hat stark zugenommen: Im Jahr 2023 wurden bundesweit 27.470 Vorfälle gemeldet, 2022 waren es noch 21.570 (+ 27 %). Besonders stark war der Anstieg in NRW, wo die Zahl der Vorfälle von 2972 im Jahr 2022 auf 4808 im Jahr 2023 stieg. Laut Lehrerverband VBE berichten dort 73 Prozent der Schulleiter von Fällen, in denen Lehrer bedroht, beleidigt, gemobbt oder belästigt wurden. Gewalt gehe auch von Eltern aus.