Künstler Günther Uecker ist gestorben

Der weltweit berühmte Künstler Günther Uecker ist tot. Das erfuhr ZEIT ONLINE aus dem Kreis der Familien des Künstlers. Uecker gilt als einer der wichtigsten deutschen Nachkriegskünstler. Seine Nagelreliefs machten ihn weltbekannt. Er wurde 95 Jahre alt.  

Uecker beschlug
Leinwände, aber auch Objekte wie Stühle, Klaviere oder Nähmaschinen mit
Nägeln. Für ihn waren die Nagelfelder immer auch tagebuchähnliche
Seelenlandschaften, die er „Empfindungswerte aus der Zeit“ nannte.

Geboren wurde Uecker
am 13. März 1930 in Wendorf im heutigen Mecklenburg-Vorpommern. Als Sohn eines Landwirtes wuchs er auf Wustrow auf, einer heute weitgehend unbewohnten Halbinsel nördlich
von Wismar. 1949 begann er in der mittlerweile gegründeten DDR
eine Lehre als Maler und Reklamegestalter, studierte anschließend
Malerei und Bildende Kunst in Wismar. Doch Uecker wollte bei seinem künstlerischen Idol Otto Pankok an der
Universität Düsseldorf lernen und ging daher nach Westdeutschland. Düsseldorf blieb
bis zu seinem Tod im Mittelpunkt seines Schaffens.

Uecker bezog mit seiner Kunst politisch Stellung

Ende der 50er Jahre begann Uecker seine
Künstlertätigkeit, bereits damals schuf er die ersten Nagelbilder. Immer
wieder bezog er mit seinen Werken auch politisch Stellung. Die Werkgruppe  , die er nach den fremdenfeindlichen
Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen 1992 schuf, wurde über
die Jahre hinweg in 57 Ländern ausgestellt.

Mit einer Botschaft von Frieden und Menschenrechten reiste Uecker um die Welt und stellte in zahllosen Ländern aus, auch in Diktaturen und totalitären Staaten. Unter anderem stellte er auf Stoffe gemalte Menschenrechtsbotschaften in Peking aus, malte Aschebilder nach der Tschernobyl-Katastrophe und setzte sich für das indigene Volk der Navajo in Nordamerika ein.

Mitglied der Künstlergruppe Zero und „Nagelkünstler“

1961 trat Uecker der avantgardistischen Künstlergruppe Zero
von Otto Piene und Heinz Mack bei. Sie wollten mit ihrer puristischen Ästhetik
einen Neuanfang in der Kunst nach dem Krieg formulieren. Uecker schuf auch
Lichtkunst und spektakuläre Installationen wie das , eine
lärmende Installation aus dutzenden Apparaten wie Staubsauger oder
Waschmaschinen. Er arbeitete mit Papier, Holz, Stoff, Stein, Asche und Sand. Zuletzt
gestaltete Uecker Glasfenster für den Schweriner Dom, die im Dezember 2024 eingeweiht
wurden. Doch vor allem seine Verbindung zu Zero und der Begriff „Nagelkünstler“
prägten sein Image.

 Zum Nagel griff Uecker zum ersten Mal vor 68 Jahren. Als
Inspiration diente ihm die Revolutionslosung des sowjetischen futuristischen
Dichters Wladimir Majakowski, Poesie werde „mit dem Hammer gemacht“. Das deutete Uecker als Herausforderung, seine „Faust, den Nagel, einfach ins Papier zu
schlagen“. Mit dem aggressiven Akt wies der Künstler zudem auf die
Gewalttätigkeit des Menschen hin. 

„Verletzbarkeit des Menschen durch den Menschen“ als Thema

Eine Erklärung findet man in Ueckers Biografie.
Aus Angst vor der heranrückenden Roten Armee habe er am Ende des Zweiten
Weltkrieges 1945 das Haus verbarrikadiert und von innen zugenagelt, um seine
Mutter und die Schwestern zu schützen. Kurz zuvor war nahe Wustrow die mit 4.500 Häftlingen aus Konzentrationslagern an Bord gesunken. Uecker musste beim Begraben der Toten helfen, was er Jahrzehnte später mit seinem Werk verarbeitete.

Als Uecker im Jahr 2000 in den Orden
Pour le mérite aufgenommen wurde, sagte er: „Das Thema meiner künstlerischen
Arbeit ist die Verletzbarkeit des Menschen durch den Menschen.“

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