Michael Traut ist beunruhigt. Der Generalmajor ist Leiter des Weltraumkommandos der Bundeswehr, das rund um die Uhr den erdnahen Weltraum überwacht und Bedrohungen analysiert. Die Gefahren stiegen deutlich, sagte Traut jüngst auf einem Raumfahrtkongress in München.
Vor allem China verübe nahezu täglich Attacken auf Satelliten. „Viele haben noch romantische Vorstellungen beim Thema Raumfahrt, aber wir müssen realistisch sein: Alle unsere Raumfahrtsysteme müssen geschützt und verteidigt werden“, sagte Traut.
Nach Ansicht des Top-Militärs geht es um einen „aktiven und physikalischen Schutz und Abwehrmaßnahmen“. Nicht nur für die Satelliten im Weltraum, sondern für das Gesamtsystem. Dazu zählten auch die Bodenstationen, Satelliten- und Raketen-Produktionsanlagen, Überwachungszentren und vor allem die Schnittstellen zu den Anwendern. Die Signale aus dem Weltraum müssten sichergestellt sein.
Konkret sprach Traut die Frage an, wie stark das deutsche Kontrollzentrum für das europäische Navigationsnetz Galileo vor einem physikalischen Angriff geschützt ist. Galileo ist das europäische Pendant zum GPS-Netz der USA. „Wir analysieren, wie Galileo im Krisenfall weiterarbeiten kann“, sagte Traut. Geplant sei eine „schützende Hülle“ um alle Weltraumaktivitäten.
Bislang laufen die kommerziellen, staatlichen, aber auch militärischen Satellitenverbindungen über wenig gesicherte Netzwerke. Für das Galileo-System gibt es beispielsweise nur zwei Kontrollzentren, in Oberpfaffenhofen bei München und in Fucino in Italien. Das deutsche Zentrum ist als kritische Infrastruktur eingestuft und es gibt unterirdische Kommandoräume. Der genaue Schutz ist geheim.
Die Palette im Weltraum-Krieg reicht vom bereits erprobten Abschuss von Satelliten über das Abhören der Kommunikation bis zu deren Lahmlegen. Zu Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022 wurde beispielsweise ein Satellitennetzwerk des kommerziellen US-Betreibers Viasat durch einen Cyberangriff wohl aus Moskau gestört, um Internetverbindungen in der Ukraine lahmzulegen. Davon war auch die Steuerung von Windkraftanlagen in Deutschland betroffen.
Zum Schutz deutscher Militärsatelliten hatte Generalmajor Traut bereits im Frühjahr im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz über die Möglichkeit von kleinen Begleitern oder Wächtersatelliten berichtet. „Ich bin optimistisch, dass dieses Projekt in Kürze mit einer Pilotphase startet“, sagte er jetzt WELT AM SONNTAG.
Die Bundeswehr hat derzeit zwei große Kommunikationssatelliten auf einer geostationären Umlaufbahn und ist am Satelliten Heinrich Hertz mit einem Nutzlastanteil beteiligt. Hinzu kommen mehrere Radarsatelliten. Im Sommer erhielt Airbus den Auftrag für Bau und Betrieb zweier neuer Bundeswehr-Kommunikationssatelliten (SATCOMBw3). Die Kosten belaufen sich auf 2,1 Milliarden Euro.
Gerhard Hegmann schreibt für WELT über Rüstung, Luft- und Raumfahrt und Militär.