Schönheit kommt in Deutschland zunehmend per Post. Ob Hautcreme oder Haarfärbemittel: Aktuelle Zahlen zeigen, dass sich immer mehr Menschen Kosmetika an die Haustür liefern lassen, statt sie im klassischen Geschäft zu kaufen. Sogenannte schnell drehende Konsumgüter sind damit die großen Gewinner am Online-Markt.
Der Umsatz dieser Kategorie stieg im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2022 um 8,7 Prozent. Doch die Produkte sind eine Ausnahme. Insgesamt machten die Händler im Netz 2023 ungefähr zehn Prozent weniger Umsatz als noch vor drei Jahren.
Denn die Lage für Shopping am Computer ist angespannt. Das liegt nicht nur am Ende der Corona-Pandemie. „In Zeiten von Preissteigerungen ist weniger kaufen für einen Teil der Konsumenten ein Thema“, schreibt der Handelsverband Deutschland (HDE) in seinem aktuellen Bericht zur Lage im Onlinehandel.
Deutlich an Bedeutung gewinnen deshalb Marktplatz-Seiten wie Amazon, Ebay oder der chinesische Billiganbieter Temu. Denn sie können über Angebote oder ein Gebrauchtwarengeschäft oft größere Ersparnisse anbieten. Der Umsatzanteil der großen Plattformen macht mit 54 Prozent mittlerweile mehr als die Hälfte des Onlinehandels in Deutschland aus. „Diese Zahl zeigt die hohe Bedeutung dieser Formate“, sagt HDE-Sprecher Stefan Hertel.
Die Plattformen haben aus Sicht des HDE vor allem einen Vorteil: Sie bieten eine bereits funktionierende Verkaufsinfrastruktur. Und diese nutzen nicht nur Geschäfte – auch der Gebrauchtwarenmarkt, wo sich private Käufer und Verkäufer treffen, ist beliebt. Die Nutzung von Secondhand-Angeboten habe zugenommen, so der HDE. „Für Käufer ist die Ersparnis oft besonders groß, wenn sie gebrauchte Elektronik kaufen“, sagt Alexander Witt von Ebay, dem nach Amazon zweitgrößten Anbieter für Waren im Internet und die frequentierteste Website für Gebrauchtes. Vor allem Handys, die nicht mehr das neueste Modell seien, könnten sich lohnen, sagt Witt.
Wer selbst etwas verkaufen wolle, könne neben Elektronik-Artikeln auch mit Sammlerstücken wie speziellen Sneakern oder gebrauchter Designermode oft noch gute Preise erzielen. „Die Artikel in diesen Bereichen sind sehr wertstabil.“
Während der Online-Flohmarkt boomt, haben längst nicht alle Händler einen eigenen Account bei einem der großen Anbieter. „Insgesamt verkaufen 60 Prozent der stationären Handelsunternehmen keine Waren über das Internet“, sagt HDE-Sprecher Hertel. Das sei „ein bedenklich hoher Wert“, denn die Branche verzichte hier auf Chancen.
Das zeigt unter anderem das Weihnachtsgeschäft. 21 Milliarden Euro gaben die Deutschen im vergangenen Jahr in den Monaten November und Dezember über das Internet aus. Der Durchschnitt der übrigen Monate liegt bei 6,5 Milliarden Euro. Die Prognose des HDE ist auch deshalb, dass sich die digitalen Shops wieder erholen dürften: Es gebe zwar eine Seitwärtsbewegung, „allerdings mit positiven Vorzeichen“, heißt es. Die Aufrufzahlen sind jedenfalls enorm: Während Marktführer Amazon im Februar 2024 – hierfür gibt es die aktuellsten Daten – rund 310 Millionen Aufrufe aus Deutschland verzeichnete, waren es bei den chinesischen Anbietern Temu, Aliexpress und Shein zusammen 41,5 Millionen. Der meistbesuchte Onlineshop mit deutschem Inhaber ist übrigens Otto mit etwas mehr als 42 Millionen Website-Besuchen.
Felix Seifert ist Redakteur im Ressort Wirtschaft und Innovation. Er schreibt unter anderem über die Themen Karriere, Mittelstand und Immobilien.