Krankenhauspersonal wird immer wieder Opfer von körperlichen Attacken am Arbeitsplatz.
Im vergangenen Jahr sind etwa in Hessen insgesamt 189 Klinikangestellte betroffen gewesen, teilte die Sprecherin des Gesundheitsministeriums in Wiesbaden mit. Unter den Opfern waren 34 Ärzte sowie 155 Pfleger.
Für die Statistik wurde Gewaltkriminalität mit dem Tatort „Klinik“ und „Krankenhaus“ ausgewertet. Gezählt wurden Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit und Freiheit zum Nachteil von Ärzten und Pflegern.
Die Gewalt gegen medizinisches Personal nimmt zu. In einer Mitgliederumfrage der Kassenärztlichen Vereinigung (KBV) gaben knapp 80 Prozent der niedergelassenen Ärzte an, allein im letzten Jahr verbale Gewalt erlebt zu haben.
Laut einer Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts gaben 73 Prozent der Krankenhäuser an, dass die Zahl der Übergriffe in den vergangenen fünf Jahren mäßig (53 Prozent) oder deutlich (20 Prozent) gestiegen ist.
Ballungszentren stärker betroffen als ländliche Regionen
2023 lag die Zahl der Opfer noch etwas höher, nach Zahlen des Gesundheitsministeriums waren 173 Pflegerinnen und Pfleger sowie 33 Ärztinnen und Ärzte von gewalttätigen Angriffen betroffen.
„In den Ballungszentren, in denen sich mehrere Krankenhäuser und Kliniken befinden, wurden proportional mehr Fälle erfasst als in den übrigen ländlich geprägten Regionen“, erläuterte das Ministerium in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der AfD-Landtagsfraktion.
Schutz durch Sicherheitsdienste und Panikknöpfe?
„Die Landesregierung verurteilt Angriffe und Gewalt gegen Mitarbeitende in Krankenhäusern, Beschäftigte im Gesundheitswesen, Einsatz- und Rettungskräfte und darüber hinaus auf das Schärfste“, bekräftigte das Gesundheitsministerium. Über Schutzmaßnahmen müssten die Kliniken jeweils vor Ort entscheiden. In Betracht kämen etwa Absprachen mit der Polizei, eigene Sicherheitsdienste, bauliche Änderungen oder Panikknöpfe.
„Die gemeldeten Zahlen zeigen: Gewalt gegen Pflegekräfte und Ärztinnen und Ärzte ist leider kein Einzelfall mehr, sondern ein strukturelles Problem – auch in hessischen Kliniken“, bilanzierte eine Sprecherin der hessischen Krankenhausgesellschaft.
„Die Dunkelziffer dürfte wahrscheinlich noch etwas höher liegen, da nicht jeder Vorfall zu einer Anzeige gebracht wird.“
Schutzmaßnahmen, die einige Kliniken bereits eingeführt haben, zeigten punktuell Wirkung, ergänzte die Sprecherin. Dazu zählten Sicherheitsschleusen, Videoüberwachung und Schulungen für Mitarbeitende.
„Dennoch bleibt die Zahl der Angriffe hoch – eine Entspannung der Lage lässt sich leider derzeit nicht feststellen.“ Die Herausforderungen im Klinikalltag wie Personalmangel, steigende Arbeitsbelastung, zunehmende Aggressivität und auch Frustration in Teilen der Gesellschaft trügen zur Eskalation bei.
Ursachen: Wartezeiten, Sprachbarrieren, Sucht oder psychischen Belastungen
Gewalt entsteht nach Erfahrungen der Krankenhausgesellschaft meist wegen Wartezeiten in der Notaufnahme, Sprachbarrieren, Sucht oder psychischen Belastungen oder auch Besucherkonflikten. Besonders betroffen seien Notaufnahmen, psychiatrische Stationen oder Pflegekräfte im Nachtdienst.
Die Landesärztekammer erfasst über einen digitalen Meldebogen Gewalt gegen die Ärzteschaft und Praxisteams. „Unsere Meldedaten deuten darauf hin, dass die Aggressivität gegenüber dem medizinischen Personal seit Erhebungsbeginn im Jahr 2019 gestiegen ist“, erklärte eine Kammer-Sprecherin.
Insbesondere während der Corona-Pandemie habe es mehr registrierte Fälle gegeben. Die Mehrheit der Meldungen stamme aus dem Gebiet der Allgemeinmedizin, gefolgt von der Psychiatrie und Psychotherapie.