Das ging schnell: Thüringens CDU machte gestern Abend den Weg für Gespräche mit Wagenknecht-Partei und SPD zur Bildung einer Regierung frei. CDU-Landesparteichef Mario Voigt (47) soll die Gespräche führen.
Auch CDU-Chef Friedrich Merz (68) gab ihm zuvor grünes Licht und Beinfreiheit dafür. Dabei ist allen Christdemokraten klar, dass es für das angestrebte CDU-Linksbündnis gar keine Mehrheit gibt. Mindestens ein Abgeordneter der Linkspartei müsste mit der Regierung stimmen, damit sie im Parlament eine Mehrheit hat. Und das, obwohl gegen die alte SED genauso ein CDU-Unvereinbarkeitsbeschluss gilt wie zum Wahlgewinner AfD.
Zwar pochte Merz bei seinem Auftritt nach den Beratungen in Bundesvorstand und Präsidium darauf, der Unvereinbarkeitsbeschluss gelte fort. Damit umzugehen, werde aber dann „auch Sache der beiden Landesverbände in Sachsen und in Thüringen sein.“
Nach BILD-Informationen planen die Christdemokraten den Trick, ihren Unvereinbarkeitsbeschluss einfach sehr großzügig auszulegen, um nicht als Umfaller angefeindet werden zu können. Der Beschluss beziehe sich „auf Regierungsbeteiligungen und strukturelle Kooperationen“, argumentierte schon Sachsen-Regent Kretschmer. Nach dem Motto: Zum Beispiel interne Absprachen mit der Linken wären okay.
Kurios: Der abgewählte Linken-MP Bodo Ramelow bietet sogar schon an, der möglichen neuen Regierung persönlich mit seiner Stimme als Abgeordneter zur Mehrheit zu verhelfen.
Dabei hatte die CDU in ihrem Unvereinbarkeitsbeschluss Ramelow sogar namentlich erwähnt und argumentiert, auch Ramelow sei „jahrelang vom Verfassungsschutz beobachtet“ worden „wegen seiner Kontakte zur Deutschen Kommunistischen Partei“. Und die Linke? Die sei als „Rechtsnachfolgerin der SED“ ja „verantwortlich für die totalitäre Diktatur in der DDR mit Unterdrückung, Planwirtschaft und dem Schießbefehl an der Berliner Mauer“.
Bis zum Urnengang in Brandenburg (22. September) soll nichts entschieden sein, hieß es nach BILD-Informationen im Präsidium. Derweil hofft man, dass es vielleicht noch einen Überläufer von der Linken zu Wagenknecht gibt. Dann wäre der Unvereinbarkeitsbeschluss nicht verletzt, da dieser nicht für Wagenknecht gilt, nachdem diese aus der Linken ausgetreten und eine eigene Partei gegründet hat.
Doch auch Bündnisse zwischen Union und der Truppe von Sahra Wagenknecht (55) sind intern nicht unumstritten: Monica Wüllner von den Christlich-Demokratischen Arbeitnehmern monierte im Vorstand, Wagenknecht sei doch kommunistisch und nationalistisch.
Der Dresdner Politik-Professor Werner Patzelt (71) sieht dennoch „keine Alternative für die CDU angesichts der Verhältnisse“. ABER: „Das wird dem klassischen CDU-Wähler überhaupt nicht gefallen“ – und Wähler vor allem im Westen verschrecken.