Greift Russland jetzt direkt Atomkraftwerke in der Ukraine an?

Der Sarkophag des havarierten Atomkraftwerks in Tschernobyl ist nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj (47) bei einem russischen Drohnenangriff in der Nacht erheblich beschädigt worden.

▶︎ Der Drohnen-Einschlag habe ein Feuer verursacht, das inzwischen aber wieder gelöscht sei. Die Strahlenbelastung habe bis Freitagmorgen nicht zugenommen, sagte Selenskyj beim Nachrichtendienst Telegram. Die Schäden seien aber bedeutend.

„Es gibt ein Land in der Welt, das solche Objekte attackieren kann, dass die Territorien von Atomkraftwerken besetzt und Kampfhandlungen führt, ohne überhaupt über die Konsequenzen nachzudenken – und das ist das heutige Russland“, so Selenskyj weiter.

Feuer konnte gelöscht werden

Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) bestätigte eine Explosion. In der Nacht gegen 1.50 Uhr Ortszeit (0.50 Uhr MEZ) hätten die dort stationierten internationalen Atombeobachter eine Explosion am Sarkophag um den havarierten Reaktor vier gehört.

Sie seien dann darüber informiert worden, dass eine Drohne die Überdachung des AKW getroffen habe, heißt es in einer Mitteilung der IAEA. Von russischer Seite liegt bislang keine Stellungnahme vor.

Indizien sprechen für russische Drohne

Für die russische Urheberschaft des Angriffs auf die Kraftwerksruine sprechen auch die objektiven Belege.

▶︎ So schlug die angreifende Drohne aus Richtung Nordosten, also aus Belarus und / oder Russland kommend in das Gebäude ein. Auch fanden ukrainische Behörden unterhalb der durchstoßenen Schutzhülle das Triebwerk der eingesetzten Drohne. Dieses gleicht dem Triebwerk einer russischen Langstreckendrohne vom Typ Geran-2.

Nach ukrainischen Angaben nutzte Russland in der Nacht zum Freitag insgesamt 133 Kamikaze-Drohnen, um die Ukraine zu attackieren. Die offizielle Behauptung, dass 131 davon abgeschossen oder mittels elektronischer Kriegsführung vom Himmel geholt werden konnten, wird durch die zahlreichen Einschläge der Nacht relativiert.

Russen nutzten Sperrgebiet für Aufmarsch

Schon bei ihrem Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 nutzten die russischen Truppen das weitgehend menschenleere Sperrgebiet entlang der belarussischen Grenze für ihren Vorstoß auf die nur gut 80 Kilometer von der Grenze entfernte ukrainische Hauptstadt Kiew.

Seit ihrem Abzug im April 2022 hält die Ukraine das Grenzgebiet zu Russlands Verbündetem Belarus unter besonderer militärischer Kontrolle.