Jusos lehnen Streichung des Bürgergelds für ukrainische Geflüchtete ab

Jusos und Grüne haben die Streichung des Bürgergeld für geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer deutlich kritisiert. Der Vorschlag sei „gefährlich und populistisch“, sagte Juso-Chef Philipp Türmer der  über den Vorschlag von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Söder wolle „Haushaltslöcher auf dem Rücken der Schwächsten stopfen“, sagte Türmer.

Stattdessen müsste die Teilhabe und Integration von ukrainischen Geflüchteten verbessert werden, sagte Türmer. „Sie aus dem Bürgergeldsystem auszuschließen, würde diesen Zielen absolut entgegenstehen“, sagte er.

Auch die Grünen werfen dem CSU-Chef Populismus vor. „Er tritt gegen Menschen, die vor dem brutalen Krieg Putins fliehen mussten, stellt sie als faul dar und nimmt ihnen gleichzeitig jede Chance auf Arbeit“, sagte Bundestagsfraktionsvize Andreas Audretsch. „Das ist zerstörerischer Populismus.“ 

Söders Vorschlag sei weder logisch noch sinnvoll. „Die Jobcenter vermitteln in Arbeit, die Sozialämter tun das nicht“, sagte er. Damit mehr Ukrainerinnen und Ukrainer in Arbeit kommen, seien Vermittlung und Sprachkurse zentral. Auch bei der Kinderbetreuung für die häufig alleinerziehenden Mütter und der Anerkennung von beruflichen Abschlüssen müssten Fortschritte gemacht werden, forderte Audretsch.

Kanzleramtschef Frei gibt sich unbesorgt

Söder hatte im ZDF gesagt, er wolle in der Koalition durchsetzen, dass es „kein Bürgergeld mehr gibt für all diejenigen, die aus der Ukraine gekommen sind“. Dies müsse nicht nur für diejenigen gelten, die in Zukunft kommen, „sondern für alle“, sagte er. 

Der CSU-Chef ging damit über eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag von Union und SPD hinaus. Dort ist als Stichtag der 1. April dieses Jahres vorgesehen. Alle, die danach aus der Ukraine kommen, erhalten bei nachgewiesener Bedürftigkeit nur niedrigere Asylbewerberleistungen, aber kein Bürgergeld mehr. 

SPD-Chef und Vizekanzler Lars Klingbeil hat zurückhaltend auf die Forderung reagiert und auf den Koalitionsvertrag verwiesen. Mancher Vorschlag, der in den letzten Tagen gemacht worden sei, trage nicht dazu bei, „dass wir in der Koalition gemeinsam vorankommen“, sagte Klingbeil.

Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) sagte in der ARD, er glaube, dass „wir da ganz gut zusammenkommen“. Wenn man sich in der Koalition nicht verständigen könne, „dann gelten selbstverständlich die Verabredungen des Koalitionsvertrages“, sagte er. Daran rüttele niemand. Es erwachse im Moment daraus „kein Konflikt in der Koalition“, hieß es.

Auch die Präsidentin der Caritas, Eva Welskop-Deffaa, äußerte Kritik. „Wenn alle Menschen, die mit vorübergehendem Schutz hier leben, in das Asylbewerberleistungsgesetz überführt werden, hat dies größere bürokratische Aufwände zur Folge“, sagte sie. „Unsere Solidarität mit der Ukraine fordert anderes und mehr als Waffenlieferungen“, sagte sie.

Der Ökonom Marcel Fratzscher hält die Debatte über die Streichung des Bürgergelds für Geflüchtete für Populismus. Kurzfristig könnte man rund eine Milliarde Euro pro Jahr sparen, das blende jedoch die langfristigen Folgekosten aus. Studien zeigen, dass sich Sozialhilfeleistungen kaum auf die Beschäftigungsquote ukrainischer Geflüchteter auswirken.