Im Wahlkampf werfen die Regierenden traditionell den Schönwaschgang an. Auch jetzt, mitten in der Wirtschaftskrise und der Dauer-Rezession: Noch-Kanzler Olaf Scholz (66, SPD) und sein Vize Robert Habeck (55, Grüne) brüsten sich mit Rekordbeschäftigung. Noch nie waren in Deutschland so viele Menschen in Arbeit (46,1 Mio.).
Was sie nicht laut sagen: Deutschland steckt in einer historischen Mega-Wirtschaftskrise. Auf zwei Jahre der Rezession (kein Wirtschaftswachstum) droht nun auch noch ein drittes Schrumpf-Jahr zu folgen! Rekord!
Wie geht das zusammen – Rekordbeschäftigung und Schrumpf-Wirtschaft? Wirtschafts-Professor Bert Rürup (81, Handelsblatt Research Group): „Es gehen einfach 400.000 Alte mehr aus dem Arbeitsmarkt, als Junge nachkommen.“ Die neuen Jobs entstünden nicht mehr in der Industrie, wo der Wohlstand der Nation erarbeitet worden ist. Neue Jobs kämen vor allem in der Dienstleistungsbranche hinzu – schlechter qualifiziert und schlechter bezahlt.
Folge, so Professor Rürup: „Es geht Wohlstand verloren, weil die neuen Jobs nicht mehr die hochqualifizierten und gut bezahlten in der Industrie sind, sondern schlechter bezahlte im Dienstleistungsbereich.“ Das koste Wohlstand: „Deutschland ist ärmer geworden. Wann und ob das nachgeholt werden kann, das steht in den Sternen.“
„Unser Erfolgsmodell ist am Ende“
Der Wirtschafts-Professor hat errechnet: Auf 0,3 Prozent (2023) und 0,2 Prozent (2024) wird die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 0,1 Prozent schrumpfen.
Er warnt: „Eine so zähe, lang anhaltende Krise hatten wir noch nie in Deutschland. Wir hatten tiefere Krise, aber aus dieser kommen wir nur schwer heraus, weil zur Konjunkturschwäche der grundlegende Wandel kommt: Das bisherige Geschäftsmodell der Globalisierung ist zum Auslaufmodell geworden.“
In keinem westlichen Land sei „der industrielle Kern an der Gesamtwirtschaft so groß wie in Deutschland“. Rürup: „Unser Wohlstand ist auf dem Export der Industrie gegründet. Unser Erfolgsmodell als Exportnation ist damit am Ende.“
Wie dringend Deutschland Wirtschaftsreformen braucht, zeigen neue Zahlen aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland: Ein Drittel der Firmen in NRW will Arbeitsplätze streichen, heißt es in der aktuellen Konjunkturumfrage des Verbandes Metall NRW. Zum Vergleich. Vor einem Jahr wollten nur 19 Prozent Personal feuern. 40 Prozent der Unternehmer erwarten jetzt rückläufige Geschäfte, nur fünf Prozent glauben an Besserung. Metall-Präsident Arndt G. Kirchhoff spricht von einer „politisch hausgemachten Krise“. Er könne sich nicht erinnern, „eine derartige Mischung aus Enttäuschung, Ratlosigkeit und Unverständnis über weite Teile der Politik in diesem Land“ erlebt zu haben.